Kostenerstattung für behindertengerechten Umbau
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einem Urteil vom 17. Dezember 2012 (Az.: L 29 AL 337/09) die begehrte Kostenerstattung für den behindertengerechten Umbau eines Eigenheimes sowie die Kosten für eine Tiefgarage und Umzugskosten abgelehnt.
Der Kläger arbeitete als Rechtsanwalt und war seit einem Badeunfall auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen. Er bewohnte zunächst eine eigene Wohnung, die behindertengerecht ausgestattet war. Nachdem er geheiratet hatte und Vater von Zwillingen geworden war, erwarb er ein Grundstück und errichtete darauf ein Eigenheim. Dieses baute er behindertengerecht um und stattete es zudem mit einer Tiefgarage aus. Der Kläger verfügte über ein im Rahmen der Kraftfahrzeugbeihilfe finanziertes eigenes Kraftfahrzeug. Er beantragte beim zuständigen Rehabilitationsträger die Kostenerstattung für die von ihm vorgenommenen Umbaumaßnahmen sowie für die Umzugskosten. Die Anträge wurden abgelehnt. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos. Mit Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 24. September 2009 wurde die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wurde mit Urteil vom 17. Dezember 2012 zurückgewiesen.
Die Urteilsbegründung
Zur Begründung führte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg aus, eine Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung sei nicht gegeben. So lägen die Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht vor (nach § 97 ff. SGB III i. V. m. § 33 SGB IX). Zwar sei es im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch möglich, dem behindertengerechten Umbau der eigenen Wohnung zu fördern. Allerdings komme dies nur dann in Betracht, wenn dem Leistungsempfänger erst durch den behindertengerechten Umbau der Wohnung das Aufsuchen seiner Arbeitsstätte möglich wird. Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden nur dann gewährt, wenn sie ausschließlich bzw. überwiegend der Förderung der Erwerbsfähigkeit des betreffenden Leistungsempfängers dienen. Soweit sich der Kläger hier aber auch den aufgrund der Familienplanung notwendig gewordenen Umzug in ein Eigenheim beruft, sei dieser Zusammenhang nicht gegeben. Sie falle vielmehr in die persönliche Lebensplanung des Klägers und habe nichts mit dem Erhalt seiner Erwerbsfähigkeit zu tun. Die entsprechenden Leistungsvoraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unterscheiden sich insoweit auch von jenen der gesetzlichen Unfallversicherung. So sieht § 41 SGB VII Leistungen zum behindertengerechten Umbau der Wohnung auch vor, wenn dies generell aufgrund der Behinderung geboten ist.
Wirkungslose UN-Behindertenrechtskonvention
Des weiteren lehnte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die Kostenerstattung auch vor dem Hintergrund der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ab. Die §§ 53, 54 SGB XII i. V. m. § 55 SGB IX gewähren dem Leistungsberechtigten Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Vorliegend konnte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg jedoch ebenfalls keinen Bezug zu den vom Kläger begehrten Leistungen erkennen. Zum einen sei schon fraglich, ob er hier nicht eigenes Einkommen und Vermögen einsetzen müsse. Darüber hinaus sei ebenfalls nicht nachgewiesen, dass gerade der behindertengerechte Umbau bzw. der Einbau der Tiefgarage dem Kläger erst gesellschaftliche Teilhabe ermögliche. Diese sei bereits durch die finanzierte Kraftfahrzeugbeihilfe gegeben. Da sich der Kläger auch auf die UN-Behindertenrechtskonvention stützte, musste sich das LandessozialgerichtBerlin-Brandenburg mit dem einschlägigen Vorschriften auseinandersetzen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg gelangte jedoch zu der Auffassung, dass weder aus Art. 19 noch aus den Art. 27 und 28 der UN-Behindertenrechtskonvention weitergehende Leistungsansprüche, als es die Regelungen des SGB IX und XII gewährleisten, ableiten ließen. Der Kläger blieb im Ergebnis vollständig auf den durch ihn verauslagten Kosten sitzen.
Folgen des Urteils
Die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg ist abzulehnen. Die Begründung greift in unzulässiger Weise in die persönliche Lebensplanung des Klägers ein. Denn es ist letztendlich unerheblich, wodurch der Wohnungswechsel bedingt gewesen ist. Entscheidend ist allein, dass dem Kläger durch Aufsuchen und Verlassen der eigenen Wohnung bzw. des Pkw ermöglicht wird, seiner Erwerbstätigkeit nachzugehen bzw. am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Dass er über einen über die Kraftfahrzeugbeihilfe finanzierten Pkw verfügen kann, ist dafür nicht ausreichend. Denn wenn es ihm aufgrund der fehlenden behindertengerechten Ausstattung seiner Wohnung bzw. der erforderlichen Garage gar nicht möglich ist, das Kfz zu nutzen, kann er die daraus resultierenden Wegstrecken zur Arbeit bzw. zu anderen Orten, welche gesellschaftliche Teilhabe erst ermöglichen, gar nicht realisieren. Die Ausführungen zur UN-Behindertenrechtskonvention verdeutlichen, dass aus ihr direkt keine Rechtsansprüche abgeleitet werden können. Der Gesetzgeber ist daher nachdrücklich aufgerufen, ein einkommens- und vermögensunabhängiges Gesetz zu verabschieden.