Auf die Tränen folgte der große Triumph

Para Ski alpin: Zweimal jubelte Anna-Lena Forster in PyeongChang über Paralympics-Gold – In diesem Jahr soll der Angriff auf den WM-Titel folgen, denn der fehlt ihr bislang noch

Frechen, 6. Dezember 2018. Sie wollte heraus aus dem großen Schatten ihrer Teamkollegin, sich nicht mehr mit der Rolle als Nummer zwei hinter Anna Schaffelhuber begnügen. Und Paralympics-Gold gewinnen. Ehrgeizige Ziele – doch Anna-Lena Forster hat bei den Winterspielen in PyeongChang im Para Ski alpin abgeliefert, brachte sogar zwei Paralympics-Titel mit nach Hause. In dieser Saison will sie erneut angreifen. Denn der WM-Titel fehlt der Monoskifahrerin bislang noch.

Bei den Paralympics wollte sich Anna-Lena Forster ihren Traum erfüllen. Rauf aufs Podium, und zwar ganz nach oben. Mit der Goldmedaille um den Hals die deutsche Hymne genießen. So hatte es sich die 23-Jährige aus dem badischen Radolfzell ausgemalt. Doch die ersten beiden Tage gerieten eher zum Albtraum. In der Abfahrt stürzte sie – auf Goldkurs liegend. Im Super-G landete sie auf Rang vier – hauchdünn am Treppchen vorbei. „Der Auftakt war echt hart. Nach dem Super-G lag ich abends im Bett und habe Rotz und Wasser geheult“, berichtet Forster. „Ich bin jemand, der die Emotionen rauslassen muss. Ich wusste zwar, dass meine Disziplinen noch kommen, aber die beiden Rennen waren trotzdem sehr bitter.“

„Es war ein unglaubliches Gefühl, totale Euphorie“

Der nächste Wettkampf: die Super-Kombination, eigentlich nicht ihre Paradedisziplin. Nach dem Super-G im ersten Durchgang lag sie auf Platz vier. Doch dann kam der Slalom. Und Anna-Lena Forster ließ all den Frust hinter sich und legte einen Gala-Lauf hin. Der Vorsprung der Konkurrentinnen schmolz – Forster schob sich ganz nach vorne und jubelte ausgelassen. Ihr erster richtig großer Sieg, Traum erfüllt. „Es war ein unglaubliches Gefühl, totale Euphorie und ganz besonders emotional. Ich habe noch so viel aufholen können, es kam so unerwartet. Dieser Sieg war umso schöner, da es eine große Überraschung war“, blickt die Psychologie-Studentin zurück. Im abschließenden Slalom zählte sie zum Kreis der engeren Favoritinnen, hielt dem Druck stand und schnappte sich das zweite Gold. Wahnsinn, was für ein Verlauf nach diesem Auftakt. Auf die Tränen folgten die Triumphe.

„Es war eine geniale Zeit für mich, ich schaue mit sehr viel Freude zurück. Auch die Abende im Alpenhaus waren unvergesslich: Erst wurde ich getröstet, dann haben wir zusammen gefeiert“, sagt die Monoskifahrerin, der von Geburt an das rechte Bein fehlt und deren linker Oberschenkel verkürzt ist. Die Wochen nach den Paralympics-Siegen habe sie angenehmen Trubel erlebt. Forster war mehrfach im TV, darunter ein Auftritt im ZDF-Sportstudio, hatte weitere Medientermine und einige Empfänge – volles Programm. „Man merkt schon, dass man dadurch auch bekannter wird, die Paralympics sind spürbar eine andere Hausnummer. Auch fremde Leute sprechen einen plötzlich an, das sind schon witzige Momente“, sagt die Athletin des BRSV Radolfzell.

Die Motivation war schnell wieder da: „Jetzt muss noch der WM-Titel her“

In ein Loch gefallen sei sie nach dem großen Highlight nicht. „Die Motivation war schnell wieder da. Jetzt freue ich mich richtig darauf, dass es wieder los geht“, sagt Forster. Der Startschuss fällt mit den deutschen Meisterschaften und dem anschließenden Europacup im österreichischen Pitztal vom 8. bis 11. Dezember. „Ich bin gespannt auf die ersten Rennen, das ist ein erster Fingerzeig. Die Vorbereitung verlief leider etwas schwierig, das Wetter hat uns häufig einen Strich durch die Rechnung gemacht, doch das ging den anderen Nationen nicht anders.“

Höhepunkt in dieser Saison sind freilich die Weltmeisterschaften vom 24. Januar bis 1. Februar. Zunächst finden die technischen Disziplinen im slowenischen Kranjska Gora statt, danach geht es mit den Speed-Disziplinen im benachbarten Sella Nevea (Italien) weiter. Anna-Lena Forster gewann bei den bisherigen Weltmeisterschaften zweimal Silber und zweimal Bronze. Das große Ziel diesmal: Gold. „Den WM-Titel möchte ich mir gerne schnappen, der muss noch her.“

Allerdings haben nicht zuletzt die Spiele in Südkorea gezeigt, dass die Konkurrenzsituation bei den Monoskifahrerinnen zugenommen hat. Zwar hat die Österreicherin Claudia Lösch ihren Rücktritt verkündet, doch Gegnerinnen aus Japan, den Niederlanden, Amerika oder Österreich werden immer besser. „Das Niveau steigt stetig an, es wird immer professioneller“, betont Forster. Doch auch sie selbst hat nun verbesserte Bedingungen. Die 23-Jährige wurde im August in die Sportfördergruppe „Zoll Ski Team“ aufgenommen und ist in diesem Zusammenhang verbeamtet worden. „Dadurch habe ich eine viel größere Absicherung und auch Freiheit. Mein Hauptberuf ist jetzt der Sport, trotzdem studiere ich noch nebenher“, sagt Forster, die darin einen notwendigen Schritt sieht, um in der Weltspitze bleiben zu können. Das will sie auch bei der WM in dieser Saison wieder unter Beweis stellen. Und aus dem großen Schatten, so viel steht fest, ist Anna-Lena Forster im März 2018 eindrucksvoll herausgetreten.

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