„Kopfsteinpflaster ist ein Problem“ – junge Menschen aus Potsdam über Barrieren im Alltag

Der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (Mittwoch, 5. Mai) findet Corona-bedingt in diesem Jahr nur virtuell statt, um für gleiche Lebensbedingen für Menschen mit Behinderungen zu protestieren. Unter dem Motto „Deine Stimme für Inklusion – mach mit!“ hat sich die Landesbehindertenbeauftragte, Janny Armbruster, mit jungen Menschen mit Behinderungen in der Potsdamer Innenstadt getroffen und nach ihren ganz persönlichen Forderungen gefragt. Das dabei entstandene Video kann hier abgerufen werden: https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/beauftragte/landesbehindertenbeauftragte/

Sozialministerin Ursula Nonnemacher: „Barrierefreiheit ist immer noch nicht in allen Lebensbereichen angekommen. Gerade in der Corona-Zeit haben Menschen mit Behinderungen in vielen Bereichen erfahren, dass Selbstbestimmung und Teilhabe keine Selbstverständlichkeiten sind. Wir müssen Barrieren weiter abbauen, sichtbare ebenso wie Barrieren in den Köpfen, damit jeder überall dabei sein kann. Unser Anspruch als Landesregierung ist, dass alle Menschen in diesem Land selbstbestimmt lebenkönnen.“

Janny Armbruster, Beauftragte der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen: „Nach wie vor gibt es zu viele Barrieren im öffentlichen Raum. Wir brauchen ein breites gesellschaftliches Engagement für bauliche Maßnahmen, den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern, uneingeschränkte Mobilität oder barrierefreie Websites. Sorge bereitet mir zudem, dass die mit der Corona-Pandemie erfreuliche Entwicklung der Digitalisierung auch Menschen abhängt, denen der Zugang zur digitalen Welt verwehrt ist. Diese werden zusehends von der Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt. Dazu zählen insbesondere auch Menschen mit Behinderung“.

Annemarie Kleinert, Einzelfallhelferin aus Potsdam und selbst auf einen Rollator angewiesen: „Inklusion bedeutet für mich Mut, Vielfalt und die Beseitigung von baulichen Barrieren. Über Inklusion darf nicht nur gesprochen, sie muss auch tatsächlich gelebt werden. Menschen mit und ohne Behinderung können nur voneinander lernen, wenn sie sich auf Augenhöhe begegnen – im beruflichen und privaten Leben. ‚Anders sein‘ ist keine Schwäche, sondern es bringt neues Potenzial und neue Ideen hervor. Inklusion fordert von allen Beteiligten die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, um das Ziel eines gemeinsamen gesellschaftlichen Lebens zu verwirklichen. Ich wünsche mir als Betroffene mehr Einbeziehung, wenn es um Fragen der baulichen Barrierefreiheit geht.“

Christian Opitz, Student der Universität Potsdam und auf einen Rollstuhl angewiesen: „In den letzten Jahren ist viel für die Inklusion von Menschen mit Behinderung geschehen. Dennoch muss zum Beispiel in baulicher Hinsicht noch einiges unternommen werden. So ist Kopfsteinpflaster ein echtes Hindernis in meinem Alltag. In Restaurants, Bars und Clubs, also Orten des sozialen und kulturellen Austauschs, ist es leider immer noch so, dass viele für Rollstuhlfahrer nicht zugängig oder keine sanitären Anlagen vorhanden sind. Ich wünsche mir, dass ich überall mit Freunden und Bekannten Kaffee oder ein Bier trinken kann, ohne mich zu sorgen, ob eine Toilette erreichbar ist.“

In Brandenburg leben rund 508.000 Menschen mit festgestellten Behinderungen, darunter 335.000 mit einer Schwerbehinderung.

Am 5. Mai setzen sich deutschlandweit Aktivist*innen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung ein. Das Video von Annemarie Kleinert und Christian Opitz wird bei Instagram, Facebook und Twitter unter dem Hashtag #5Mai gepostet.

1992 wurde der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung von den Interessenvertretungen Selbstbestimmt Leben Deutschland (ISL) ins Leben gerufen. Er wird jährlich begangen und will auf gleiche Lebensbedingen für Menschen mit Behinderungen in Europa hinweisen.

 

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