Alexander Liedtke – Der Mann hinter dem Projekt DepriBuddy

Geboren wurde er in Berlin, aber seit fast zwanzig lebt Alexander Liedtke (39) in Greifswald. Dort hat er sein Medizinstudium absolviert und anschließend angefangen, als Arzt in der Kinder-Jugendpsychiatrie zu arbeiten. 

Nach einem Jahr mit vielen Wochenend- und Nachtdiensten, oft 60-70 Stunden in der Klinik, wechselte er seine Stelle und arbeitete noch ein Jahr halbtags im Blutspendedienst. Irgendwann ging auch das nicht mehr. Heute ist Alexander berufsunfähig, aber nicht untätig. Er hat viele Therapien hinter sich und im vergangenen hatte er eine tolle Idee, um sich und anderen zu helfen. Ursprünglich wollte Alexander Liedtke Psychologie oder Soziologie studieren, aber nach dem Zivildienst, den er in einer Kinderkrebsklinik in Belarus absolvierte, entschied er sich für die Medizin. 

Während des Studiums gab es depressive Episoden, aber Alexander schaffte es, die Phasen zu bewältigen. Auch die Praktika in Paris und Avignon und das praktische Jahr am Ende des Studiums konnte er noch absolvieren. Die erste Diagnose (Anpassungsstörung, rezidivierende Depressionen) erhielt er erst im Alter von 27 Jahren, lange nach den ersten Symptomen. Jahre später und nach verschiedenen Therapien und monatelangen Klinikaufenthalten, u.a. in Berlin, kamen andere Diagnosen hinzu (ADHS, Bipolar II). Aber vor allem wurde aus den depressiven Episoden eine chronische Krankheit, die eine Fortsetzung seiner beruflichen Laufbahn unmöglich machte.

Nach verschiedenen Therapien in den Folgejahren – unter anderem mit 18 verschiedenen Medikamente – ließ sich Alexander Liedtke in Berlin auch mittels Elektrokrampftherapie behandeln. Dabei wird beim Patienten in Narkose durch Stromimpulse ein Krampfanfall ausgelöst. Nach dieser Behandlung galt er als austherapiert und so entschied er sich im vergangenen Jahr auch noch dazu, in Freiburg einen sogenannten Hirnschrittmacher implantieren zu lassen. Die sogenannte Tiefe Hirnstimulation, die bei Parkinson seit über 20 Jahren angewandt wird, kommt auch bei schweren Depressionen seit Jahren zum Einsatz. In Deutschland wurden allerdings bis heute weniger als 100 depressiven Patienten Hirnschrittmacher implantiert. Das Verfahren ist noch in der Versuchsphase.

Geht sogar während der Pandemie

Alle Möglichkeiten der medizinischen Behandlung bei therapieresistenten Depressionen hat Alexander Liedtke genutzt. Im vergangenen Jahr hat er dann zusätzlich einen ganz eigenen Weg eingeschlagen. Zunächst gründete er in Greifswald eine Selbsthilfegruppe und hatte dann die Idee, eine Online Community ins Leben zu rufen, die sich gegenseitig unterstützt, auch wenn man nicht in einer Stadt lebt. Dazu soll die Plattform Menschen zusammen bringen und im besten Fall konkrete Hilfen anbieten (gemeinsame Aktivitäten vom Spaziergang bis zur Gartenarbeit). Anmelden können sich alle Betroffenen, aber auch Menschen, die psychisch Erkrankte unterstützen möchten. Virtuelle Selbsthilfegruppen sind in Berlin aktuell während der Pandemie für viele eine Notlösung, aber im ländlichen Raum können Menschen so ohne weite Fahrtwege Termine wahrnehmen. 

DepriBuddy funktioniert nach dem Prinzip „Zeit gegen Zeit“. Man kann ein Hilfegesuch einstellen (z.B. Hilfe beim Einkaufen) oder Hilfe anbieten (z.B. bei der Kinderbetreuung). Im Idealfall hilft man sich gegenseitig. Es ist möglich, Sportpartner zu suchen oder Menschen, die mit einem ins Kino gehen. Es gibt aber auch mehrere klassische Gesprächsgruppen und offen ist die Community für alle Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Für Alexander Liedtke ist DepriBuddy eine Möglichkeit, sich selbst und anderen zu helfen. Zeitweise ist das Projekt fast eine Vollzeitbeschäftigung, aber natürlich kann er sich die Arbeit weitgehend selbst einteilen und bei Bedarf auch eine Auszeit nehmen. Aktuell geht es vor allem darum, die Plattform bekannt zu machen, deren Mitglieder nach verschiedenen Zeitungsartikeln und einem Beitrag im NDR überwiegend aus Norddeutschland kommen.

Eine besondere Inspiration für das Projekt war auch das Buch „Der Welt nicht mehr verbunden“ von Johann Hari. Trotz seiner medizinischen Studiums und der Nutzung aller schulmedizinischen Verfahren, hat sich Alexander Liedtkes Blick auf psychische Erkrankungen, deren Ursache und Behandlung verändert und mit seinem Projekt möchte er einen Beitrag dazu leisten, auch diese wichtigen zwischenmenschlichen Aspekte in den Fokus zu nehmen.

Im Internet https://www.depribuddy.com 

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