Menje und Schäfer holen WM-Titel

Im Regen von Kobe hat Rennrollstuhlfahrerin Merle Menje am Sonntagabend japanischer Zeit ihre noch junge Karriere mit ihrem ersten WM-Titel gekrönt. Als es noch stärker regnete, sprang Léon Schäfer wie 2023 im letzten Versuch zum WM-Sieg und machte den Titel-Hattrick perfekt.

„Es ist gerade noch total surreal, ich freue mich unglaublich“, jubelte Merle Menje und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht: „Ich wusste, dass ich gerade ganz gut drauf bin, aber dass ich es so hinbekomme und so klar, damit hätte ich definitiv nicht gerechnet.“ Im Finale über 800 Meter der Klasse T54 traute sich keine ihrer Konkurrentinnen auf der nassen Bahn an die Spitze, sodass die 19-Jährige vom Stadt-Turnverein Singen das Rennen einfach von vorne und dann auch in 1:58,47 Minuten als Erste über die Ziellinie fuhr.

„Mein Hauptziel war eigentlich, gut rauszukommen, da ich nicht die stärkste Starterin bin“, erklärt die Athletin, die in der Schweiz in der starken Rennrollstuhlgruppe um Dominator Marcel Hug bei Paul Odermatt trainiert: „Ich habe mich gut gefühlt und habe gemerkt, dass niemand nach vorne geht – und dann bin ich eben vor und habe einfach das gemacht, was ich gerne mache.“ Menje, die im Winter auch mit dem Schlitten Langlauf macht und bis vor kurzem noch Marathon-Rennen auf der Straße bestritt, hatte erst jüngst noch mehr auf der Bahn trainiert, um gegen Ende des Rennens „spritziger“ zu sein. Bereits gestern hatte sie Silber über 5000 Meter gewonnen, jetzt also die vorläufige Krönung für Menje, die in Gottmadingen bei Singen lebt und 2021 mit nur 16 Jahren schon Doppel-Europameisterin wurde.

Léon Schäfer springt zum Titel-Hattrick

Léon Schäfer bot den vielen Zuschauenden, die trotz des strömenden Regens den Weg ins Universiade Memorial Stadium gefunden hatten, beste Unterhaltung und wieder einmal Spannung bis zum letzten Sprung. Bereits im vergangenen Jahr bei der WM in Paris sprang er im sechsten Versuch zum Weltrekord und entriss Joel de Jong die sicher geglaubte Goldmedaille. Dieses Mal wiederholte sich das Drama aus Sicht des Niederländers, der im ersten Versuch 6,82 Meter vorlegte, sich mit 7,02 Metern im vierten erst an Schäfers 7,03 Meter aus dem dritten Sprung heranrobbte, um diese dann in seinem letzten um einen Zentimeter zu überbieten: 7,04 Meter.

So waren wieder alle Augen auf den Athleten vom TSV Bayer 04 Leverkusen gerichtet, der völlig durchnässt nach dem Wettkampf verriet: „Ich pushe mich in so einem Moment selbst. Ich stand im Anlauf und habe mir gesagt: Okay, du bist dafür gemacht, du bist ready. Irgendwie brauche ich diesen Druck. Das macht es spannend – nicht nur für mich, auch für die Zuschauer. Es ist einfach geil, dass da jemand ist, der mich ärgern will, aber ich weiß: Wenn ich meine Leitung abrufe, kann er mir nichts.“

Schäfer sprang und brachte den deutschen Anhang um seinen Trainer Erik Schneider sofort zum Jubeln: 7,22 Meter – WM-Titel-Hattrick und nur drei Zentimeter unter seinem Weltrekord. „Es war mein Ziel, hier das dritte Ding in Folge zu holen und ich habe es geschafft. Ich bin sehr, sehr glücklich und stolz auf mich selbst“, sagt der gebürtige Bremer – und fügte mit Blick auf die am 28. August beginnenden Paralympics in Paris an: „Meine Mission ist noch nicht vorbei.“

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