Evaluationsbericht zum Behindertengleichstellungsgesetz veröffentlicht

Brandenburgs Landesregierung macht sich auf den Weg eine vollständige Teilhabe behinderter Menschen umzusetzen und setzt die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention weiter um. Das geht aus dem Abschlussbericht zur Evaluation des Brandenburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes hervor, den das Gleichstellungsministerium dem Sozialausschuss des Landtags vorgelegt hat und der jetzt auf der Internetseite des Sozialministeriums veröffentlicht ist.

Hintergrund: Im Jahr 2013 wurde das Brandenburgische Behindertengleichstellungsgesetz (BbgBGG) mit der Absicht novelliert, die Ziele und Grundsätze der seit dem 26. März 2009 für Deutschland verbindlichen UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) umzusetzen. Die vorliegende Evaluation ist Teil des behindertenpolitischen Maßnahmenpakets 3.0 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Land Brandenburg 2023–2027 (MAP 3.0) und resultiert aus den Vorgaben des Koalitionsvertrags der 7. Legislaturperiode. Sie soll dem Auftrag nach Empfehlungen für eine Weiterentwicklung des BbgBGG erarbeiten. Ziel der Weiterentwicklung ist es den Menschenrechtsansatz der UN-BRK zu akzentuieren, umzusetzen und damit die rechtliche Basis für die Wahrnehmung der damit verknüpften Teilhaberechte tragfähiger zu machen und so zu stärken. An diesem Ziel sind die herausgearbeiteten Empfehlungen ausgerichtet. 

Die Evaluation wurde zwischen September 2023 und Februar 2024 durchgeführt. Für die Evaluation wurde zum einen eine Dokumentenanalyse zum Abgleich des BbgBGG mit dem in Dokumenten abgebildeten Fachdiskurs durchgeführt. Zum anderen wurden ausgewählte Akteure im Rahmen von Experten- und Expertinnen-Interviews zu ihren Erfahrungen mit dem BbgBGG und zu Einschätzungen zum Weiterentwicklungsbedarf des BbgBGG befragt.

Zentrale Empfehlungen des Berichts

Beim BbgBGG handelt es sich um ein Landesgesetz, das in erster Linie das Handeln der öffentlichen Verwaltung in den Blick nimmt und nicht von einer Gesamtbetrachtung der Lebens- und Teilhabesituation von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft ausgeht. In Anbetracht dessen erscheint die Formulierung des Gesetzeszieles ausreichend weit gefasst. Sie stellt einen Bezugspunkt dar, der dazu dient, die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes im Sinne der UN-BRK auszulegen und zu entwickeln. Dafür ist allerdings § 1 Abs. 1 Satz 2 BbgBGG abzuändern. In Anbetracht des menschenrechtlich geprägten Behinderungsbegriffes der UN-BRK, der auch in § 3 Abs. 1 BbgBGG Verwendung findet, leitet der Blick auf vermeintlich „spezifische Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen“ in die falsche Richtung. Das Verlangen nach Teilhabe, Gleichbehandlung und Zugänglichkeit ist kein „spezifisches“ Bedürfnis, sondern ein allgemeiner, alle Menschen betreffender Anspruch, dass Menschen mit Beeinträchtigungen dafür eine barrierefreie Umgebung oder den Einsatz angemessener Vorkehrungen benötigen, ist kein „spezifisches Bedürfnis“, sondern allenfalls Folge „spezifischer Benachteiligungen.“ Das sollte die entsprechende Formulierung wiedergeben, die lauten könnte, dass dem Anspruch von Menschen mit Behinderungen auf Zugänglichkeit zu entsprechen ist. Dieser allgemeine Ansatz sollte zudem durch eine ausdrückliche Benennung maßgeblicher Prinzipien der UN-BRK, die in der bisherigen Formulierung nicht erwähnt werden, verdeutlicht, zielgerichteter gefasst und damit verstärkt werden. Als Prinzipien sollte hier, neben der bereits erwähnten Zugänglichkeit, insbesondere die umfassende Partizipation von Menschen mit Behinderungen erwähnt werden, wie sie in Artikel 4 Abs. 3 UN-BRK geregelt ist.

Weitere Empfehlungen

  • Die Verwendung von leichter Sprache sollte als verpflichtende Vorschrift ins Behindertengleichstellungsgesetz aufgenommen werden.
  • Zur Sicherstellung von Barrierefreiheit sollte eine entsprechende Landesfachstelle als zentrale Anlaufstelle eingerichtet werden.
  • Die Landesbehindertenbeauftragte und der Landesbehindertenbeirat Brandenburg sollen in ihren Rechten gestärkt werden.
  • Um politische Teilhabe in größerem Umfang zu ermöglichen, sollte ein Partizipationsfonds eingerichtet werden. Zudem sollen Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderungen gefördert werden.

Anmerkung der Redaktion

Solch eine Partizipationsfond wurde im Land Berlin gerade ins Leben gerufen. Eine Monitoring-Stelle in Brandenburg sollte eingerichtet werden, um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention flächendeckend zu fördern, zu schützen und zu überwachen. In den Bundesländern Berlin (seit 2012), Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und  Saarland, arbeiten derzeit mit der Monitoring-Stelle UN-BRK zusammen. 2013 und 2014 ließ sich Brandenburg von der Monitoringstelle UN-BRK beraten. Die Monitoringstelle UN-BRK ist unabhängig und beim Deutschen Institut für Menschenrechte angesiedelt.

Die UN-Behindertenrechtskonvention gilt in Deutschland seit 2009. Zentrale Prinzipien sind neben dem Schutz behinderter Menschen vor Benachteiligung ihre „volle und wirksame Teilhabe an der und Einbeziehung in die Gesellschaft“. Um die Ziele der Konvention umzusetzen, wurde das Brandenburgische Behindertengleichstellungsgesetz im Jahr 2013 entsprechend novelliert. Mit der nun vorliegenden Evaluation wird eine Vorgabe des Koalitionsvertrags umgesetzt, zugleich ist sie Teil des Behindertenpolitischen Maßnahmenpakets 3.0 für mehr Inklusion und Barrierefreiheit, das die Landesregierung im vergangenen Jahr beschlossen hat. Die Ergebnisse dieser Evaluation bilden eine Grundlage für eine notwendige Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes im Hinblick darauf, den Menschenrechtsansatz der UN-Konvention stärker zu akzentuieren und umzusetzen. Damit kann die rechtliche Basis für die Wahrnehmung der Teilhaberechte behinderter Menschen tragfähiger gemacht und gestärkt werden.

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