Da wo die Bockwurst ihren Namen bekam

Meinen kleinen Hunger stille ich gerne auf klassische Berliner Art. Ich kaufe mir dann eine richtig schöne dicke Bockwurst. Die Bockwurst ist eine der wenigen Speisen, wo man heute noch ganz genau den Ort ihrer Erfindung und ihrer Namensgebung verorten kann.

Sie, die Bockwurst, ist „eene echte Berlinerin“ und wurde 1889 in der Fleischerei „Loewenthal“ am Dreieck Friedrichstraße, Krausen- und Mauerstraße kreiert. Das ist am Checkpoint Charlie, dort wo heute die modernen Büro- und Geschäftshäuser stehen. Damals noch aus Kalbs- und Rindfleisch gemacht, da der Metzger jüdischen Glaubens war und nur koschere Fleischprodukte herstellte. Heute besteht die unsere geliebte Bockwurst hauptsächlich aus Schweinefleisch.

Der andere wichtige Schauplatz der „Bockwurstgeschichte“ existiert heute noch. In Kreuzberg in der Skalitzer Straße 46b, Ecke Spreewaldplatz, direkt neben dem „Görlitzer Park“ und in der Nähe vom U-Bahnhof „Görlitzer Bahnhof“. Es ist ein altes Eckhaus mit einer typischen Berliner Eckkneipe – die heute keine mehr ist. Die gehörte damals Richard Scholz und war ein beliebter Treffpunkt der Studenten der Berliner Universität „Unter den Linden“, heute auch als „Humboldt-Universität“ bekannt. 

So auch zum Beginn des Wintersemesters 1889. Zu dieser traditionsreichen Zusammenkunft, bei der auch die Dozenten zugegen waren, wollte der kleine kugelrunde Wirt, mit 125 Kilogramm Lebendgewicht, seinen Stammgästen etwas richtig Feines kredenzen. Deshalb schickte er seinen Junior zum Fleischermeister Loewenthal, um dessen neue geräucherten Brühwürste zu holen. Diese kommen bei den Studenten und den Dozenten richtig gut an. Und weil dazu das „Tempelhofer Bockbier“ in Strömen floss, dass von dem damals berühmten Bayrischen Berliner, dem Brauer Leonard Hopf, kam, der seine Brauerei in der Nähe des Kreuzberges hatte – die man heute noch dort finden kann – tauften die zufrieden Gäste die „neue Brühwürste“ auf den Namen Bockwurst. 

Der jeborene Berliner macht daraus „Bockwurscht“. Und damals kredenzte der Wirt die Bockwurst auch nicht mit Mostrich, sondern mit einer dicken braunen Soße und Bratkartoffeln. Schmeckt auch nicht schlecht, ich habe es nachgekocht. Erst um die Jahrhundertwende herum begann man damit zu dieser Wurst Senf zu reichen. Diese kulinarische Erweiterung kam aus England und war ganz nach dem Geschmack des Berliner. Außerdem war sie billig und machte satt. Warum, wieso und weshalb es dazu kam und wer die Bockwurst mit Senf als erster angeboten hat, dafür konnte ich keine Einträge in der Berliner Gastronomie-Geschichte finden.

Wenn Sie heute an der Skalitzer Straße 46b vorbeiflanieren, werden sie dort rote asiatische Lampions hängen sehen. Dort gibt es heute auch eine gastronomische Einrichtung.Und dort werden sie garantiert keine Bockwurst bekommen. Denn dort befindet sich ein veganes Restaurant mit Namen „Element Five“. Hier wird nun vegane vietnamesische Küche angeboten. Das schaut alles sehr lecker aus. Als ich die Speisekarte durchlas und mich in dem sehr rustikalen Gastraum mit seinen Holztischen und ebenso rustikalen Sitzgelegenheiten umsah, fragte ich mich, ob die Betreiber wissen, dass hier in diesem Räumen eine der wichtigsten Berliner fleischlichen Speisen ihren Namen bekam. Jedenfalls wird dort keine vegane Bockwurst angeboten. Ist die Frage, ob sie auch so gut schmecken würde, wie eine aus richtigem Fleisch. Ich habe dort noch nicht gegessen, aber werde es mal tun, wenn wir Corona hinter uns haben. 

Denn an diesem Tag hatte ich richtig Hunger auf eine richtig schöne dicke Berliner Bockwurst mit einer Schrippe und juten „Bautzener Senf“. Und die habe ich mir dann auch munden lassen. Also dann: „Juten Appetit“.

Restaurant „Element Five“ – Vegan Tapas Bar

Skalitzer Str. 46b, 10997 Berlin, Tel: (030) 773 211 52.

U-Bahn: Linie U1, U3, Station: U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof, bis Frühjahr 2021 Bauarbeiten an den Strecken von U1 + U3. Schienenersatzverkehr. Infos: www.bvg.de

Bus: Linie M29, Station: U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof, Fußweg: ca. 200 Meter, Restaurant nicht barrierefrei. (Eingang drei Stufen)

Von: