„Ich werde mich nicht abwimmeln lassen“
Benni Over hat hat Muskeldystrophie Duchenne (DMD) und er hat einen zuerkannten Grad der Behinderung von 100. Damit nicht genug, er ist Pflegestufe 5 und er wird in häuslicher Pflege beatmet. Er kann wegen seinem schleichendem Muskelschwund nur noch seine Finger bewegen. Doch Benni und seine Eltern sind Kämpfer. Sie lassen nichts unversucht, um die derzeitige Situation zu meistern, darauf aufmerksam zu machen und für Verbesserung zu sorgen.
Worum geht es Benni? Letztes Jahr verschickte Benni „Hilfeschrei-Emails“ an die Politik. Der Grund: Seit Februar 2020 lebt Benni in totaler Isolation, da er sich in eine Quarantäne begeben hat. Seine Eltern, Connie und Klaus, haben seither die komplette Intensivpflege übernommen. Bis vor Corona war noch ein ambulanter Intensiv-Pflegedienst bis zu 10 Stunden täglich im Haus tätig. Doch für das Pflegepersonal gab es keine Kostenübernahme der Corona-Schnelltests. Dazu Benni: „Weil auch die für mich lebenswichtigen Therapien nur noch online, mit dem verlängerten Arm der Eltern, stattfanden, haben wir uns an Kassen, Behörden und Verbände gewandt und um Schnelltests für meine Therapeuten gebeten. Dies in Anlehnung an die für Pflegeheime und Krankenhäuser geltende Testanordnung des Bundesgesundheitsministeriums. Beatmungspatienten in häuslicher Pflege und ihre Therapeuten waren in dieser Testanordnung jedoch nicht berücksichtigt. Dabei entspricht unsere Situation exakt der eines Bewohners bzw. Beatmungspatienten in einer Senioren-/Pflegeeinrichtung: Ich, der Patient, meine Eltern und meine Therapeuten das Personal. Mit unserem Anliegen wurden wir zermürbend von einer zur anderen Stelle verwiesen: von der Krankenkasse zum zuständigen Gesundheitsamt, von dort zur Kassenärztlichen Vereinigung“. Viel Zeit und Energie wurden sinnlos verpulvert.
„Das macht wütend, auch, wenn wir hören, dass selbst für Reiserückkehrer immer noch kostenlose Schnelltests durchgeführt werden. Während Politiker darüber streiten, ob sich fünf oder zehn Personen zu Weihnachten treffen dürfen, wäre ich schon mit Schnelltests zufrieden, um endlich wieder regelmäßige Therapien erhalten zu können. Körperlich und vor allem psychisch geht es mir immer schlechter“, so Benni.
Kritik der Deutschen Stiftung Patientenschutz
Doch Benni kämpft nun einen zweiten Kampf mit den Ämtern und der Politik aus. Diesmal geht es um die Impf-Priorisierung. Laut der Einstufung wäre Benni irgendwann dran, anstatt als Beatmungspatient in der bevorzugten „höchsten“ Stufe zu sein. Was doch Sinn machen würde. Sein Beatmungsarzt hat nur den Kopf geschüttelt, als er von dem Entwurf zur Impf-Priorisierung hörte. „Ich werde für Benni ein Attest ausstellen. Denn Benni fällt definitiv in die Kategorie ´Pflegebedürftige und Schwersterkrankte´ und gehört definitiv in die Nummer-Eins-Gruppe bei der Impf-Priorität“, so sein behandelnder Arzt.
Gleichlautend auch die Kritik von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Vorstand Eugen Brysch sagte: „Deshalb müssen zunächst die Pflegebedürftigen und Schwerstkranken die Chance auf eine Impfung bekommen“.Auf Grund seiner Nachfragen wurde Benni jedoch mitgeteilt, dass er erst zur Prioritätengruppe 3 zähle. Für Benni würde dies viele weitere Monate der Isolation bedeuten und weiterhin der Verzicht auf notwendige Therapien. Doch daran scheinen sich Entscheidungsträger wenig zu stören. Eine Krankenschwester auf einer Covid-Intensivstation möchte Benni ihre Impfdosis spenden.