Multiple Sklerose Selbsthilfe in Treptow-Köpenick
In der vergangenen Ausgabe haben wir den Amputierten Treff Berlin-Brandenburg vorgestellt, eine Selbsthilfegruppe mit über 70 Teilnehmenden, die sich im Südwesten Berlin trifft. Dieses Mal stellen wir eine Gruppe mit 68 Mitgliedern vor, die sich im Südosten der Stadt, in Treptow-Köpenick trifft und aufgrund der Größe auch geteilt wurde in eine Gruppe Treptow und eine Gruppe Köpenick.
Gegründet wurde die Gruppe bereits vor 35 Jahren, Die Teilnehmenden sind zwischen 35 und 90 Jahre, berichtet Cornelia Wislaug im Videointerview. Frau Wislaug bekam 2001 die Diagnose Multiple Sklerose und wurde ein Jahr später Mitglied in der Gruppe und 2005 bereits deren Sprecherin. Darüber hinaus ist sie 2. Stellvertretende Vorsitzende und Schatzmeisterin des Landesverbandes Berlin der Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) und Mitglied im Behindertenbeirat des Bezirks Treptow-Köpenick. Multiple Sklerose (Kurzform MS) ist eine Erkrankung mit sehr unterschiedlichen Verläufen und Symptomen. Neben den bekannten motorischen Einschränkungen bei der Krankheit kommt es auch zu Sprach-/Wortfindungsstörungen, Einschränkungen der Merkfähigkeit und beim Sehen (Tunnelblick, Doppelbilder oder sogar temporäre Blindheit). Folglich haben viele Betroffene der Gruppe regelmäßige Termine in der Physio- bzw. Ergotherapie oder Logopädie. Auch in der Selbsthilfe geht es bei MS daher nicht nur um Austausch und Gespräche, sondern wie in einigen anderen Gruppen werden Übungen absolviert. Es gibt ein 90-minütiges Gedächtnistraining und eine Kreativgruppe, die malt und bastelt, um dadurch auch die Feinmotorik der Hände zu trainieren.
Aber natürlich ist auch der gesellige Aspekt den Teilnehmenden wichtig und so macht die Gruppe auch kleine oder große Ausflüge. Regelmäßig hat sie sich während der Pandemie in einer Eisdiele in Adlershof getroffen, aber auch ein Tagesausflug in den Britzer Garten oder eine Bildungsfahrt nach Rheinsberg standen auf dem Programm. „Der Zusammenhalt ist sehr wichtig. Corona war für alle eine Herausforderung. Neben den Treffen draußen, haben wir natürlich auch das Internet genutzt und alleinstehende Mitglieder wurden besucht, um den Kontakt zu halten“, berichtet Frau Wislaug. Neben der eigentlichen Gruppenarbeit liegt ihr als Sprecherin auch die Öffentlichkeitsarbeit am Herzen. „Lokal haben wir uns in der Vergangenheit am Aktionstag im EKZ Adlershof beteiligt, aber auch regional waren wir schon aktiv, am Welt-MS-Tag, der seit 2009 am 30. Mai begangen wird. Damals standen wir auf dem Schloßplatz in Steglitz und haben über die Erkrankung informiert“, so Wislaug
„In den Räumen der Kontaktstelle in Treptow-Köpenick in der Genossenschaftsstraße (am Markt) treffen sich knapp 30 Selbsthilfegruppen“, berichtet Kim-Hanna Redzepagik. „Unser Bezirk ist im Wandel, auch durch den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Adlershof, und wir versuchen verstärkt, jüngere Menschen für Selbsthilfe zu gewinnen. Dabei ist uns nicht nur die klassische gesundheitsbezogene Selbsthilfe wichtig. Wir bereiten aktuell Veranstaltungen mit dem Titel „Alle reden übers Klima – aber wann reden wir über dessen Einfluss auf unsere seelische Gesundheit?“ vor, aber natürlich geht es auch dabei letztlich um Gesundheit. Und natürlich beteiligen wir uns an der im Oktober stattfindenden Woche der Seelischen Gesundheit, z.B. mit einem Achtsamkeitsspaziergang im Bezirk.“ In Gründung sind in Treptow-Köpenick zur Zeit eine Gruppe für Angehörige psychisch Kranker und eine bundesweite virtuelle Gruppe `Urtikaria – Nesselsucht`“, so Kim-Hanna Redzepagik.
Die DMSG – Landesverband Berlin wurde 1982 von Profis (Ärzten/ -innen, SozialarbeiterInnen) gegründet, versteht sich aber heute als Selbsthilfevereinigung und Interessenvertretung der Menschen mit Multipler Sklerose und ihrer Angehörigen im Sinne der Empowerment-Bewegung mit einem hohen Selbstvertretungsanspruch. Von sieben Vorstandsmitgliedern sind sechs selbst MS-betroffen. In Berlin gibt es aktuell 24 Gruppen, außerdem Peerberatung und einen Besuchsdienst.