Wohnen – ein universelles Menschenrecht

Selbstbestimmtes Wohnen ist laut der Behindertenrechtskonvention ein Menschenrecht, welches die Bundesrepublik Deutschland mit der Unterzeichnung vor fast 11 Jahren bekräftigte. 

Wer als schwerbehinderter Mensch eigenständig im eigenen Zuhause wohnen möchte, muss heutzutage immer noch viele Hürden meistern. In Berlin wird der Weg zur eigenen Wohnung vor allem dadurch erschwert, dass barrierefreier Wohnraum schwer zu finden ist. Vor allem dann, wenn es eine Wohnung sein soll, die nicht nur „barrierearm“ oder „Behindertengerecht light“ ist. Berlin ist allerdings kein Einzelfall – auch in anderen Ballungsräumen, wie in den Großstädten München, Frankfurt oder in Bundesländern, wie NRW, ist die Wohnraumversorgung katastrophal. 

Zudem konstatiert das Projekt „Wohnen selbstbestimmt“:  „Zurzeit zielen die aktuellen Bedingungen zur Schaffung von Wohnraum für Menschen mit Behinderungen sowie die Systematik der Finanzierung von Unterstützungsleistungen regelhaft auf die Errichtung und den Betrieb von Zweckimmobilien mit 24 Plätzen ab. Die klassische 24er-Wohnheim-Einheitsnorm – überwiegend in Gruppenstrukturen – entspricht weder den bekannten Wohnwünschen von Menschen mit Behinderungen und deren Rechten noch fachlichen wie wissenschaftlichen Erkenntnissen (vgl. Seifert, 2010). Menschen mit komplexen Behinderungen und hohem Unterstützungsbedarf sind von dieser Problematik in besonderer Weise betroffen.“ Bei all dieser Kritik, darf allerdings nicht vergessen werden, dass sich in den letzten Jahren einiges geändert hat. Bis weit in die 70er und 80er Jahre mussten Menschen mit Behinderung in Wohnheimen leben. Auch gegen ihren Willen.

Heute gibt es Angebote für ambulantes Wohnen, Wohn-Assistenz oder Wohn-Gemeinschaften. Ambulantes Wohnen bedeutet, dass Menschen in einer Wohnung oder Wohn-Gemeinschaft wohnen und ihnen so viel Hilfe gewährt wird, wie sie brauchen. Selbstbestimmtes wohnen wird für viele Behinderte auch durch eine Assistenz erst möglich. Assistenten oder Assistentinnen helfen in verschiedenen Bereichen – etwa im Haushalt oder beim Einkaufen. 

Artikel 19 Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft
Artikel 19 Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft

Der Mangel an inklusiven Wohnraum hat auch zu interessanten Entwicklungen geführt. So etwa bei der Organisation alpha nova in Graz. Hier gibt es zehn inklusive Wohngemeinschaften. In jeder wohnen zwei Menschen mit einer „geistigen Behinderung“ und zwei Menschen ohne Behinderung zusammen. Studentinnen und Studenten, die in einer dieser WG`s wohnen, sind bei alpha nova beschäftigt und erbringen Assistenzleistungen im Monat für ihre Mitbewohner und Mitbewohnerinnen im Umfang von rund 40 bis 45 Stunden. Vom Einkommen wird dann anteilig die Miete (inkl. Betriebskosten) einbehalten.

Zudem hat es auch dazu geführt, dass neue Ideen realisiert werden. Bestes Beispiel ist die Onlineplattform Wohn:sinn (www.wohnsinn.org). Auf dieser Internetseite gibt es nicht nur viele Tipps auf dem Weg zum selbstbestimmten Wohnen sondern auch eine Wohn:börse, die meist inklusive WG-Zimmer vermittelt.
Doch so schön sich die
Rechte und Neuerungen in den Gesetzbüchern auch anhören, immer wieder müssen Menschen mit Behinderungen für ihr Recht kämpfen und teilweise langwierige Prozesse führen. Ein bundesweit bekannter Fall, der es sogar letztes Jahr in die Medien schaffte, war der langwierige und nervenaufreibende Kampf vom Markus Igel.

Selbst Fortschritte aus den letzten Jahren müssen immer wieder verteidigt werden. Bestes Beispiel hierfür liefert gerade das Gesundheitsministerium ab: Patienten, die beispielsweise beatmet werden müssen, würde der jetzige Gesundheitsminister per neuem Gesetz am liebsten in ein Heim abschieben. Die Gründe liegen auf der Hand: Kostensenkung. Menschenrechtliche Aspekte scheinen den Bürokraten des  Gesundheitsministeriums unwichtig zu sein.

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