Myanmar: Tausend und eine Pagode

Longyi-Röcke, Tanaka-Paste und goldene Stupas – Birma ist das mit großem Abstand exotischste Land Südostasiens

Schon am Flughafen in Yangon, ahnen wir, dass die Einschätzung von Kippling, dem Autoren des Dschungelbuchs, auch heute noch zutrifft. Birma ist wirklich anders, als alle Länder die man kennt. Die Männer im traditionellen Longyi, einer Art Rock aus einem weiten, vor dem Bauch verknoteten Stoffschlauch, sind nur die allerersten Vorboten ausnehmend exotischer Eindrücke. Auch 100 Jahre nach Kippling bezaubert Birma seine Besucher mit unvergleichlichen Erfahrungen. Etwa die mystisch anmutenden Morgenstunden an der goldenen Shwedagon Pagode in der Hauptstadt Yangon oder die Sonnenuntergänge über der Bagan-Ebene mit ihren 2.500 Pagoden. Und natürlich die Begegnungen mit den Birmanen, deren schüchterne Zurückhaltung so sanft anmutet. Mindestens ebenso vielfältig sind die verschiedenen Namen des Landes: Neben dem offiziellen Union of Myanmar, die Kurzform Myanmar, das immer noch geläufige englische Burma oder die deutsche Lesart Birma. Auf die Frage an unseren Guide Pouswi, welchen Namen ich verwenden soll, lacht er verschmitzt: „Wie wäre es mit Myanmar, das Land der Birmanen?“

Noch verwirrter bin ich am ersten Morgen meiner Birmareise. Um fünf Uhr klingelt der Wecker. Wir wollen möglichst früh an der Shwedagon Pagode sein, dem Nationalstolz aller Burmesen. Eine kurze Taxi-Fahrt vom Traders Hotel zur Pagode gibt einen ersten Einblick von Yangon, das keine pulsierende Metropole à la Bangkok oder Singapur ist. Vielmehr hat es sich einen fast noch kleinstädtischen Charakter bewahrt, obwohl auch Yangon eine Millionenmetropole ist. Am kleinen Hügel angekommen, nehmen wir den Südaufgang. Er hat den unschlagbaren Vorteil, dass es hier einen Lift gibt, der uns mühelos auf den Berg bringt. Oben angekommen, verschlägt es uns die Sprache. Uns erwartet nicht nur eine einzelne, fast 100 Meter hohe Pagode, die mit Tonnen von Gold und Tausenden Edelsteinen verziert ist. Rings um die Shwedagon drängt sich nochmals eine Vielzahl von prachtvoll ausstaffierten Gebetshallen, goldenen Stupas und Tempeln, die sich im blank gelaufenen Marmorboden spiegeln. Nur wenige Menschen sind zu dieser Tageszeit in der rund 280 m mal 220 m großen Anlage. Wer nicht tief ins Gebet versunken ist oder Blumen und Räucherwerk stiftet, umrundet die Shwedagon gemessenen Schrittes im Uhrzeigersinn. Selten sind Stimmen zu hören, aber fast immer Vogelgezwitscher. Die gelassene und fast schon mystische Atmosphäre des Ortes zieht uns in ihren Bann. Noch bevor die einsetzende Hitze des Tages ihren Tribut fordern kann, schlendern wir wie im Traum die detailverliebt verzierten Bauten rings um die Shwedagon entlang.

MYBA_014Später kommen wir mit einer sehr alten Birmanin ins Gespräch. Ihre Wangen und die Stirn sind schwungvoll mit Tanaka-Paste verziert. Sie erklärt uns, dass die gelbe Paste aus der Rinde des gleichnamigen Baumes gewonnen wird. Sie dient den Birmaninnen als Make up und Sonnenschutz zugleich. Nach einem Plausch über die Pracht der Shwedagon, legt sie uns zum Abschied ans Herz, unbedingt Bagan, die zauberhafte Tempelebene in Zentralmyanmar zu besuchen. Einige Tage später folgen wir ihrer Empfehlung.

Zu Besuch in Oberbirma

Zunächst verbringen wir noch einige Tage in Yangon mit weiteren Stadtbesichtigungen, einem abendlichen Abstecher ins legendäre „The Strand Hotel“ und einem Ausflug in den People´s Park, einem Freilichtmuseum für die traditionellen Architekturstile der verschiedenen Bevölkerungsgruppen des Landes. Allmählich akklimatisiert, wollen wir die Reise fortsetzen. Wir haben uns Flugtickets bei der als Zuverlässig eingestuften Air Mandalay nach Mandalay und Bagan gebucht. Die Königsstadt Mandalay ist trotz ihres wirtschaftlichen Aufschwungs in den letzten Jahren, immer noch eine beschauliche Stadt geblieben. Wenig Autos aber dafür umso mehr Fahrräder bevölkern die Straßen. Schnell finden wir uns in der Stadt zurecht, deren Straßen wie ein Gitternetz angelegt wurden und die statt Straßennamen durchnummeriert wurden. Zentraler Ort der Innenstadt von Mandalay ist der Königspalast, der allerdings durch Beschuss der englischen Armee 1895 abbrannte. Teilweise wurde er wieder aufgebaut. Doch wir besuchen ihn nicht. Denn die Eintrittsgelder gehen direkt in die Taschen der herrschenden Generäle. Es gibt auch andere Sehenswürdigkeiten, die ihren Reiz haben. Den besten Ausblick auf die Stadt geniesst man nämlich vom sogenannten Mandalay Berg. Ich lassen mich mit dem Taxi nach oben chauffieren, denn es sind immerhin 240 Höhenmeter. Wer Mandalay besucht, sollte etwas Zeit mitbringen, denn nicht nur in der Stadt gibt es zahlreiche interessante Märkte, Pagoden und Klöster zu besichtigen, sondern auch das Umland ist sehr geschichtsträchtig.

 Zunächst wäre da die ehemalige Königsstadt Amarapura (12 km entfernt). Sie ist die jüngste der südburmesischen Königsstädte. Hauptsehenswürdigkeit in Amarapura ist das Mahagandhayon-Kloster, eines der größten des Landes. Auf keinen Fall sollte man dort die Mönchsspeisung (gegen 10.15 Uhr) verpassen. Unweit Amarapuras liegt auch die U-Bein Brücke, die längste Teakholz-Brücke der Welt. In der Nähe des Klosters, am Taungthaman See befinden sich im Schatten riesiger Mezebäume einige Stände, die Getränke und Snacks verkaufen. Im Schatten dieser Bäume lässt sich die Stimmung am See und der Anblick der Teakholzbrücke genießen. Alle Sehenswürdigkeiten lassen sich am bequemsten vor Ort organisieren. Am besten natürlich mit einem angemieteten Auto samt englischsprachigen Fahrer.

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Bagan – Ebene der Pagoden

Endlich, wir erreichen das sagenumwobene Bagan. Schon die erste Fahrt nach Einbruch der Dunkelheit wird zu einem Spektakel. Einige wenige Pagoden werden mit Licht angestrahlt und leuchten weit in den Himmel hinein. Nach diesem ersten Anblick, sind wir auf den nächsten Morgen gespannt. Wir haben bei Bob eine Ballonfahrt gebucht. Bereits um 4.30 Uhr klingelt der Wecker, schnell in die Klamotten und ab zum vereinbarten Abflugplatz. Dort angekommen ist die Crew schon eifrig mit den Vorbereitungen beschäftigt. Eine kurze Einweisung für die Ballonfahrer und schon hebt der Heißluftballon von der Erde ab. Gerade rechtzeitig, denn die ersten Sonnenstrahlen kriechen schon über die Bergspitzen. Vor uns liegt nun, was schon weitgereisten Asienkennern den Atem verschlagen hat: Ein schier endloser Wald von Pagodenspitzen ragt aus träge wabernden Morgennebeln. Die Pagoden selbst sind allenfalls zu erahnen. Erst als die Nebel von der rasch steigenden Sonne zunehmend weggebrannt werden, tritt langsam die teilweise renovierte, teilweise morbide Pracht der über 2.500 Pagoden der Ebene von Bagan deutlicher zu Tage. Hin und wieder macht uns Bob auf eine Tempelanlage aufmerksam, gibt kurze Erklärungen. Doch meist spüren wir ungestört unseren Empfindungen angesichts einzigartiger Ausblicke nach. Bagan wirkt wie eine verblasste Erinnerung an einen umso fantastischeren Traum. Einen Traum von tiefer Religiosität und mörderischen Intrigen, herausfordernder Prachtentfaltung und bewundernswerter Selbstaufgabe in einer exotischen Hochkultur, die sich bereits vor 800 Jahren unaufhaltsam ihrem Ende neigte.

Obwohl die auf 40 Quadratkilometern mit Pagoden gespickte Ebene von Bagan den Tempelanlagen von Angkor (Kambodscha) oder dem Tempelkomplex Borobudur (Java/Indonesien) in rein gar nichts nachsteht, gibt es hier noch keinen Massentourismus. Glücklicherweise verlaufen sich die wenigen Touristen tagsüber bei den zahlreichen Pagoden und erst am Abend, kann man sie etwas geballter antreffen. Entweder zum Sonnenuntergang auf den wenigen Pagoden, die noch bestiegen werden dürfen oder in einem der wenigen guten Restaurants der Stadt. Für Rollifahrer sind die Pagoden in der Regel nur von außen zu besichtigen. Was auch seinen Reiz hat. Doch es gibt auch Sehenswürdigekeiten, die von Rollifahrer bequem erreichbar sind. So zum Beispiel der Bubaya-Tempel. Hier gibt es am Eingang lediglich eine kleine Stufe. Von hier aus lässt sich am Abend der Sonnenuntergang über dem Mekong beobachten. Ein einmaliger Augenblick.
Bagan ist unsere letzte Station und unser Fazit steht fest: Kaum ein asiatisches Land ist noch derartig ursprünglich und allein deshalb schon die Mühe einer Reise wert.

Lust auf mehr Bilder?: Weitere Myanmar-Bilder finden sich unter „Fotostrecke: Myanmar – 1001 Pagode“ (Rubrik Reise).

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INFO: Myanmar

Reisezeit
Die beste Reisezeit ist die „Kalte Jahreszeit“ vom Oktober bis Februar. Meiden sollte man die Monsunzeiten.

Reiseveranstalter (Auswahl)
Myanmar wurde in den letzten Jahren bei einer zunehmenden Anzahl von Reiseveranstaltern wieder ins Programm aufgenommen. Dazu zählen u.a. Meier´s Weltreisen, Geoplan (www.geoplan.net), Airways Travel (www.airways-travel.de), All Asia Touristik (www.all-asia.de), Asia Select Touristik (www.asia-select.de), Asean Wings (www.aseanwings.de), German Travel Network (www.g-t-n.de), Lotos Reisen (www.lotos-reisen.de), Rachanee Travel (www.thailand-direkt.de) und World Insight (www.world-insight.de). Eines der umfassendsten Angebote bietet Antares International (040/35715668, www.myanmar-reisen.de), die zudem gute Informationen über Flugangebote haben.

Fremdenverkehrsamt
Indochina Services (Enzianstr.4a, 82319 Starnberg, Tel. 08151/770222, Fax: 08151/770229, Internet: www.indochina-services.com) ist unter anderem das offizielle Informationsbüro von Myanmar.

Einreise
Die Regierung von Myanmar hat einen neuen Visa-Service aufgebaut. Nunmehr können die notwendigen und kostenpflichtige Visas auch online (www.visa.gov.mm) beantragt werden.

Unterkünfte
Obwohl sich Myanmar erst seit einigen Jahren dem Westen gegenüber geöffnet hat, gibt es bereits eine Reihe führender Hotelketten, die in Myanmar ihre Dependancen haben. Dazu zählen die Sedona Hotels (Rangon, Mandalay) oder die Shangri-La Hotels (Traders Hotel Rangon) Obwohl diese Hotels alles First- bzw. Deluxeclass Unterkünfte sind, sind sie weitaus günstiger als in anderen Ländern. Zudem bieten einige behindertengerechte Zimmer an, wenn diese auch nicht immer deutschen Standard entsprechen.

-The Traders (4-Sterne, Shangri-La Hotelkette), Rangon. Sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, eines der besten Hotels seiner Klasse. Zentrale Lage, schöne Zimmer (Behinderten- u. Nichtraucherzimmer). Info: www.shangri-la.com, Preise: Ab 27 € p.P./DZ inkl. FR, via www.cosmopolitreisen.com.
-Rupar Mandalar Resort (5-Sterne Hotel), Mandalay. Etwas ausserhalb gelegen. (Behinderten- u. Nichtraucherzimmer). Zimmer ab 38 € p.P./DZ inkl. FR, via www.myanmar-reisen.de.
-Bagan Golf Resort (3-Sterne Hotel), Bagan. Sehr gutes Mittelklassehotel mit aufmerksamem Personal u. sehr gepflegten Zimmern. Preise ab ca. 19 € p.P./DZ inkl. FR, via www.agoda.com.
-Bagan Hotel (3-Sterne-Hotel), Bagan. Mittelklassehotel mit behindertengerechten Zimmern u. in zentraler Lage liegend. Zimmer ab 28 € p.P./DZ inkl. FR, via www.agoda.de.
-Sedona Hotel (5-Sterne Hotel), Mandalay. Zentrale Lage, wunderschöne Zimmer mit teilw. herrlichem Ausblick (Königspalast/Mandalay Berg). Info: www.sedonahotels.com.sg, Preise ab ca. 38 € p.P./DZ inkl. FR (via www.myanmar-reisen.de).

Anreise
Die Anreise erfolgt am einfachsten mit einer der zahlreichen asiatischen Fluglinien ab Deutschland. Diese bieten meist günstige Anschlussflüge ab deren Heimatflughäfen an. Dies sind u.a. Singapore Airlines, Malaysia Airlines oder Thai Airways (via Bangkok).

Reisen im Land
Für Inlandsflüge stehen die verlässlichen Fluglinien Yangon Airways und Air Mandalay zur Verfügung. Bis auf Rangon gibt es keinen echten Behindertenservice. Passagiere die nicht gehen können müssen unbedingt in Begleitung reisen. Zudem werden Passagiere in der Regel aus den Flugzeugen getragen, da Bordrollstühle nicht vorhanden sind.

Ballonfahrt
Wer den unvergleichliche Ausblick auf die Ebene von Bagan aus einem Heißluftballon geniessen möchte, kann eine Tour bei „Balloons over Bagan“ (www.easternsafaris.com) für rund 250 US$ buchen. Behinderte sollten die Fahrt vorher mit der Firma abklären.

Reiseliteratur
Obwohl das Reiseland Myanmar bisher noch wenig Touristen anzieht, gibt es auf dem deutschen Markt einige erstklassige Reiseführer. Dazu zählt z.B. der Polyglott Apa Guide Birma. Neben zahlreichen erstklassigen Bildern geht der Guide einfühlsam und detailgetreu auf das Land ein (366 Seiten, 19.95 €, 18 Karten). Für Individualtouristen ist das Travel-Handbuch Myanmar aus dem Stefan Loose Verlag (512 S., 22.95 €, 61 Karten) der unabdingbare Reisebegleiter. Seine Stärke: Eine Fülle von Informationen geben dem Leser ein fundiertes Wissen an die Hand.

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