Gemeinsame Resolution – Wahlrechtsausschlüsse abschaffen
Vorwort: Mit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (Kurzform UN-BRK) in Deutschland, hat sich die Bundesrepublik dazu verpflichtet, das aktive und passive Wahlrecht auch ohne Ansehung der Art und Schwere der längerfristigen Beeinträchtigung einer Person zu achten, zu schützen und zu gewährleisten. Das Wahlrecht muss daher als bürgerliches und politisches Recht sofort verwirklicht werden. Zudem hat der UN-Fachausschuss 2015 ausdrücklich die Aufhebung der Ausschlüsse empfohlen und Gesetzesänderungen angemahnt.
Das Land Berlin: Im Koalitionsvertrag der regierenden Parteien des Landes Berlin von 2016 heißt es: „Ein wichtiges Ziel ist das inklusive Wahlrecht, so dass Menschen mit Behinderungen an Wahlen teilnehmen können. Dazu gehört die Änderung des Landeswahlgesetzes.“
Neben der Forderung, Wahlen barrierefrei zu gestalten, die mit dem Beschluss der DS 18/0667 durch das Berliner Abgeordnetenhaus umgesetzt wurden, besteht nun die Notwendigkeit, die im Landeswahlgesetz geregelten Wahlrechtsauschlüsse abzuschaffen.
Das Landeswahlgesetz regelt, dass Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, denen zur Besorgung aller Angelegenheiten dauerhaft ein Betreuer bestellt ist, sowie Personen, die aufgrund ihrer, im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Straftat zur Abwendung einer Gefahr für die Allgemeinheit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind.
Der Ausschluss dieser beiden Personengruppen vom Wahlrecht wird im Wesentlichen damit begründet, dass man bei solchen Personen annehmen müsse, sie seien zu einer vernünftigen Wahlentscheidung nicht in der Lage, weil ihnen die dafür nötige Einsicht fehle. Dies widerspricht jedoch der UN-BRK, denn die praktische Gewährleistung von fundamentalen Rechten, können nicht durch Fähigkeiten abhängig gemacht werden.
Das Wahlverhalten von Menschen mit Behinderungen stellt als solches keine Gefahr für die Demokratie oder die Funktionsfähigkeit einer Wahl dar, weil es keine Nachweise gibt, dass diese Personen ein anderes Wahlverhalten aufweisen würden als die anderen wahlberechtigten Erwachsenen.
Die gelegentlich anzutreffende Unterstellung, die betroffenen Menschen würden „unvernünftig“ wählen, entbehrt jeder empirischen Grundlage und spiegelt letztlich bestehende Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen wider – ganz davon abgesehen, dass alle anderen Wähler „unvernünftig“ wählen dürfen.
Die Befürchtung, dass durch Assistenz bei der Ausübung des Wahlrechts ein Missbrauch durch Dritte erfolgen könnte, darf nicht zur Entziehung dieses elementaren Grundrechtes für Menschen mit Behinderungen führen und damit eine „Bestrafung“ der Menschen, die auf Assistenz angewiesen sind, darstellen.
Fünf Bundesländer, wie Schleswig-Holstein oder Brandenburg, haben Wahlrechtsausschlüsse aus ihren Länderechten bereits gestrichen und damit eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen auf kommunaler Ebene abgeschafft.
Hiermit fordern die Unterzeichner der Resolution die politischen Handelnden des Landes Berlin unverzüglich dazu auf, das Landeswahlgesetz §2 zu ändern und die Wahlrechtsausschlüsse auch für das Land Berlin zeitnah abzuschaffen.
Berlin, den 03.12.2018
Initiatoren der Resolution sind: Der Behindertenbeirat Kreuzberg-Friedrichshain und der Berliner Behindertenverband.
Erstunterzeichner der Resolution sind:
ASL – Arbeitsgemeinschaft für selbstbestimmtes Leben schwerstbehinderter Menschen e.V.
Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Berlin e.V.
Berliner Starthilfe e.V.
Cocas e.V. Berlin
Handicap Lexikon
inclution gUG – inclusive solutions
LfB Lebensräume für Menschen mit Behinderung gGmbH
LWB – Lichtenberger Werkstätten gGmbH
Paritätische Wohlfahrtsverband – Landesverband Berlin e.V.
SCL Sportclub Lebenshilfe Berlin e.V.
Selbsthilfegruppe Rad ab!
Sozialdenker e.V.
Sozialverband VdK Berlin-Brandenburg e.V.