Einmal um den „Blinddarm von Berlin“ flaniert

Also wir Berliner sind manchmal ganz schön fies, wenn es um die Erfindung von Spitznamen für eine Gegend oder ein Bauwerk geht. Aber so sind wir halt, wir Berliner.

Diesmal flanieren wir um den „Blinddarm von Berlin“ – der Halbinsel Stralau. Bekannt vom Film („Die Legende von Paul und Paula“ – Traumsequenz) und der Literatur (Karl May und Theodor Fontane). Sie ist von drei Seiten von Wasser umgeben. Nördlich vom „Rummelsburger See“ und im Süden fließt die Spree vorbei. Stralau, auf der sich die teuerste Wasserstadt Berlins befindet, ist gut 112 Hektar groß. Man läuft einfach den gut befestigten Uferweg entlang. Zu sehen gibt es jede Menge Wasser, Grün und hübsche Häuser. Der Spaziergang beginnt am Ostkreuz. Es geht die Kynaststraße entlang und dann wird links abgebogen und man steht an den Gestaden der „Rummelsburger Bucht“.

Schon von hier aus hat man einen schönen Blick auf den See und die moderne Wasserstadt Stralau. Wenn man nun den Uferweg entlang flaniert, dann wird meist auf der linken Seite Wasser sein und rechts werden sie auf die ein oder andere Sehenswürdigkeit von Stralau stoßen. Dass man sich hier auf einem der ältesten Siedlungsgebiete von Berlin befinden, bekommt man mit, wenn man sich die Infotafel am Weg durchliest. Die Bezeichnung „Blinddarm von Berlin“ finden Sie freilich nicht darauf vermerkt und ob die Bewohner der teuren Townhouses es gerne hören mag ich bezweifeln. Aber egal ein Rundgang um Stralau lohnt sich. 

Ideal für einen Sonntagsspaziergang

Das Bekannteste von dieser Insel ist ein Fest, das leider nicht mehr begangen wird. Der „Stralauer Fischzug“, der seinen Ursprung in den 16. Jahrhundert hat. Denn der Ort war bis weit in die Mitte des 19. Jahrhundert ein kleines Fischerdorf, das der Stadt Berlin gehörte. Dann kam die Sommerfrische auf und Stralau entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsort der Berliner. Hier konnten sie in über 20 Ausflugslokalen den Sonntag genießen. Als die Stadtbahn kam, nahm die Popularität von Stralau ab. Die Halbinsel entwickelte sich zu einem Industriestandort. Hier gab es damals die größte Malzbierbrauerei der Welt, eine Teppich- und eine Glasflaschenfabrik, heute alles Industriedenkmale, wie auch der Palmkernölspeicher, deren einst verfallene Gebäude zu Luxuswohnungen ausgebaut wurden. Promis gab es auch auf Stralau. So zum Beispiel Karl Marx, der 1837 hier wohnte. Das Denkmal, das ungefähr an der Stelle steht, wo sich einst der Gasthof befand, in dem Marx wohnte, steht auf der Südseite der Halbinsel.

Das Schönste für mich auf Stralau war die Kirche mit ihrem Friedhof direkt am Wasser. Sie ist eine der Ältesten von Berlin. Wenn man vor dem Eingang der Kirche steht und den Kirchturm hinaufblickt, dann kommt der einem irgendwie schief vor. Das hat folgenden Grund: Als man die Kirche 1949 wieder aufbaute, die im Krieg schwer beschädigt worden war, verfüllte man auch einen Bombentrichter, der mit der Zeit etwas einsackte und den Kirchturm in leichte Schieflage brachte.

Stralau war auch einst wichtig für den Bau der Berliner U-Bahn gewesen. Denn hier gab es einen über 450 Meter langen Tunnel rüber nach Treptow, 15 Meter unter der Spree, durch den bis 1951 eine Straßenbahn fuhr. Die sogenannte „Knüppelbahn“. Dieser heute nicht mehr existierende Tunnel galt, als Testtunnel für die Flussuntertunnelung der geplanten Berliner U-Bahn. Nur das Verwaltungsgebäude der „Berliner Ostbahn“ blieb erhalten und ist heute eine Jugendbegegnungsstätte. Den ganzen Spaziergang (ca. 6 km) schafft man in gut 2 Stunden inklusive Fotostopps. Das einzige was ich nicht auf Stralau entdeckt habe waren Cafés oder Restaurants. Deshalb habe ich meinen wohlverdienten Kaffee später zu Hause getrunken mit einem nicht all zu kleinen Stück Torte dazu.

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