Gemeinsame Erklärung zur Impfpriorisierung

Die Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen von Bund und Ländern melden sich endlich mit einer gemeinsamen Erklärung an die Öffentlichkeit. Ihre Erklärung drucken wir hiermit gerne ab.

Impfen nach Risiko: Menschen mit Behinderungen und einem sehr hohen Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf müssen jetzt ein Impfangebot erhalten – sie dürfen nicht die Leidtragenden sein, wenn immer mehr Gruppen ohne Vorerkrankungen vorgezogen werden. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) wurde die Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) vom Bundesgesundheitsministerium erlassen. Eine Priorisierung ist erforderlich, weil immer noch zu wenig Impfstoff zur Verfügung steht, um allen Menschen in Deutschland zeitnah ein Impfangebot machen zu können. Nach und nach wurde jedoch die Verordnung verändert, beispielsweise, um bei der Wiederöffnung von Kinderbetreuungseinrichtungen und Grundschulen den dort Tätigen Schutz vor einer Infektion zu bieten. Außerdem setzen sich immer mehr Länder über die Vorgaben der Verordnung hinweg und ziehen Gruppen in ihren Impfstrategien vor, die noch gar nicht berechtigt sind. Leidtragende sind Menschen mit schwerwiegenden Vorerkrankungen und Behinderungen, deren Impfung sich dadurch verzögert, obwohl sie einen Anspruch haben. Dieses Vorgehen kann über Leben oder Tod entscheiden. Das muss ein Ende haben.

Die Beauftragten fordern daher: 

Es dürfen keine weiteren Gruppen in die Impfpriorisierungsliste der CoronaImpfV aufgenommen werden, wenn sie nicht selbst ein erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf haben oder Kontaktpersonen sind. Es muss strikt nach der Reihenfolge der Impfverordnung geimpft werden.

Innerhalb der Priorisierungsgruppen müssen zuerst die Personengruppen mit einem Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf geimpft werden.

Bei Kindern mit Behinderungen oder Vorerkrankungen, die selbst nicht geimpft werden können, aber ein erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf haben, dürfen die zu impfenden Kontaktpersonen nicht zahlenmäßig begrenzt werden.

Zur Optimierung der Einzelfall-Verfahren beauftragen die Länder die behandelnden Ärzt*innen mit der Beurteilung desRisikos für einen schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf. 

Die Länder sollen von der Möglichkeit nach § 6 Abs. 6 CoronaImpfV entsprechend Gebrauch machen. 

Erläuterung zur 5.Forderung: Menschen mit gravierenden Risiken aufgrund einer Vorerkrankung/Behinderung sind in vielen Fällen nicht in der Coronavirus-Impfverordnung berücksichtigt, weil ihre Diagnosen zu selten sind, um statistisch ins Gewicht zu fallen. 

Dafür wurden Einzelfall-Entscheidungen ermöglicht. Diese Menschen haben Angst wegen eines erhöhten Sterberisikos – sie sehen sich gleichzeitig bedroht für den Fall, dass Triage-Entscheidungen erfolgen. Zum Teil leben sie seit über einem Jahr in Selbstisolation. Nach Auswertung der Rückmeldungen an die Beauftragten führen die derzeitigen Einzelfall-Verfahren zu erheblichen Verzögerungen und sind deshalb oft nicht zielführend.

 

Neue Broschüre: Was Sie über Triage wissen müssen

Im Rahmen der Corona-Pandemie wird vor der Überlastung unseres Gesundheits-Systems gewarnt, wenn nicht mehr alle Menschen behandelt werden können. 

Für diese schreckliche Situation ist im Frühjahr 2020 ein neuer Begriff aufgetaucht: Triage! Bisher diskutieren aber nur wenige Fachleute über dieses schwierige Thema. Damit aber alle mitreden können, hat das NETZWERK ARTIKEL 3 eine digitale Broschüre in verständlicher Sprache geschrieben. In insgesamt 12 kleinen, illustrierten Abschnitten wird erklärt, was Triage für Menschen mit Behinderungen bedeutet. Der Text stammt von H.- Günter Heiden. Die Illustrationen dazu hat Marleen Soetandi gezeichnet.

Die Broschüre kann unter www.nw3.de herunter geladen werden.

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Dieser Artikel wurde im Rahmen des Projekts „Fit in Medien“ veröffentlicht.

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