Verleihung des „Matthias-Vernaldi-Preis für selbstbestimmtes Leben“

In diesem Jahr wurde durch die Kaspar Hauser Stiftung in Pankow Niederschönhausen erstmals der „Matthias-Vernaldi-Preis für selbstbestimmtes Leben“ verliehen. Die Gewinnerin ist Birgit Stenger.

Aus ganz Deutschland waren 16 hochkarätige Vorschläge eingegangen. Die Jury entschied sich für Birgit Stenger.  Den Preis nahm Frau Stenger im Rahmen des jährlichen Sommerfestes der Kaspar Hauser Stiftung in Empfang. Überreicht durch die Vorständin Birgit Monteiro, erhielt sie eine handgefertigte Urkunde, das Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro und ein kleines Kunstwerk, welches im Rahmen der Kunsttherapie von Menschen mit Assistenzbedarf geschaffen wurde. 

Als enge Mitstreiterin und Wegbegleiterin von Matthias Vernaldi bewies und beweist Frau Stenger immer wieder Ausdauer, Härte und Mut. Nach ihrer eigenen Aussage hatten Matthias Vernaldi und sie bei schwierigen Verhandlungen folgende Arbeitsteilung: Er war der gute, sie der böse Polizist. Der Kampf für Inklusion ist auch ein Kampf um knappe Ressourcen. Birgit Stenger fordert konkrete Zusagen und den vollen Kanon der Menschenrechte für Menschen mit Behinderung. Dafür initiiert sie auch unkonventionelle Aktionen. So besetzten sie und ihre Mitstreiter*innen mit Isomatten, Decken und Transparenten den Platz vor dem Berliner Abgeordnetenhaus. Die TAZ nannte Birgit Stenger dabei die „leitende Aktivistin“. Birgit Stenger betonte in ihrer Rede, dass sie sich für das nächste Jahr wünschen würde, dass der Preis an jemanden vergeben wird, der genauso selbstbestimmt die eigene Sexualität lebt, wie Matthias Vernaldi es getan hat. Sie sagte: „Für jeden Menschen ist es unerlässlich, am Leben der Gemeinschaft teilzuhaben, aber für jeden Menschen ist es auch unerlässlich, berührt zu werden und seine Sexualität frei und selbstbestimmt zu leben.“ 

Frau Stenger studierte Rechtswissenschaft und Soziale Arbeit, sie ist Sozialarbeiterin, systemische Familienberaterin und Peer Counseler. Sie war die erste Arbeitgeberin in Berlin, die sich ihre persönliche Assistenz im ArbeitgeberModell organisierte. Birgit Stenger ist langjähriges Mitglied im Landesbehindertenbeirat und ein Vorbild für viele Menschen mit und ohne Behinderung. Im Sommer richtete die Kaspar Hauser Stiftung bereits eine Gedenkfeier für Matthias Vernaldi aus, die pandemiebedingt digital stattfand und im Jahr 2022 vom ambulante Dienste e.V. in Präsenz nachgeholt werden soll. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde erstmals der Name der Preisträgerin bekannt gegeben. Der „Matthias-Vernaldi-Preis“ erinnert an den faszinierenden Menschen und Aktivisten der Behindertenszene, an den Kämpfer für ein selbstbestimmtes Leben – Matthias Vernaldi, der am 09.03.2020 im Alter von 60 Jahren verstarb.

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