Die Quadratestadt
Die ehedem kurfürstliche Residenzstadt besticht durch einen einmaligen Mix aus barockem Erbe, antiker und moderner Kunst von Weltrang, gepaart mit dem bodenständigem Charme ihrer Bewohner.
Mannheim ist in Deutschland sicherlich eine der Großstädte, deren Sehenswürdigkeiten nicht unbedingt weithin bekannt sind. Während die Besucher der Region scharenweise ins nahe gelegene Heidelberg pilgern, schlummert Mannheim einen touristischen Dornröschenschlaf. Und das zu Unrecht. Das markanteste Bauwerk der Stadt, das Mannheimer Schloss, zählt mit einer Front von fast 450 Metern Länge und mit einer umbauten Fläche von stolzen sechs Hektar zu den größten Schlössern in Europa. Der zwischen 1720 und 1760 errichtete Prunkbau ist nach Versailles der zweitgrößte Schlosskomplex aus dem Barockzeitalter. Touristenführer erzählen auch gerne eine Anekdote über die Fensteranzahl des Schlosses, das genau ein Fenster mehr haben soll als Versailles. Heute wird das Gebäude unter anderem von der Universität Mannheims genutzt . Sie hat hier Hörsäle, Seminarräume und Bibliotheken eingerichtet. Nicht zu vergessen sind die Mannheimer Schlosskonzerte des Kurpfälzischen Kammerorchesters, die im Rittersaal stattfinden. Der prachtvolle Saal befindet sich in der Mittelachse des Hauptgebäudes und diente einst den Rittern des pfälzischen Hubertusorden als Versammlungsort. Zwar wurde der prachtvolle Rittersaal im 2. Weltkrieg beschädigt, doch zwischen 1947 und 1956 restauriert und teilweise rekonstruiert.
Quadrate und Mindbombs
Mit Stolz trägt Mannheims Stadtverwaltung das Logo „Mannheim²“ – für „Mannheim im Quadrat“. Hierbei nimmt die Verwaltung verschmitzt auf die vor über 400 Jahren als Quadratestadt angelegte Innenstadt Bezug. Den Grundstein für das rechtwinklige Straßennetz legte Kurfürst Friedrich IV 1606, als er den holländischen Festungsarchitekten Bartel Janson mit dem Bau der Zitadelle Friedrichsburg und einer angrenzenden Stadt beauftragte. Damals war die Planung stark von militärischen Aspekten beeinflusst, weshalb die charakteristische regelmäßige Einteilung in geometrischen Formen mit parallelen Straßenzügen entstand. Zunächst hatte jede Straße noch einen Straßennamen, wie zum Beispiel Friedrichs Gasz Straße. Später erhielten die sogenannten Quadrate, sprich, die Häuserblöcke zwischen den im rechten Winkel zueinander verlaufenden Straßen, Nummerierungen. Und 1811 wurde die Benennung der Häuserblöcke mit einer Kombination aus Buchstaben und Ziffern eingeführt, die um eine Hausnummer ergänzt werden. Bis heute gibt es in der Innenstadt keine Straßenschilder und keine Adressen mit Straßennamen
Nur die wichtigsten Straßen behielten einen – inoffiziellen – Namen. Dazu zählt die in der Innenstadt liegende „Planken“. Es ist schlichtweg die Haupteinkaufsstraße der Stadt und ist östlich des zentralen Paradeplatzes Fußgängerzone. Die Planken zählt seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Einkaufsstraßen im Süden Deutschlands – die Fülle der Geschäfte verdeutlicht es. Auf den Planken und in den benachbarten Seitenstraßen haben sich die großen Textilhandelsketten genauso niedergelassen, wie Traditionshäuser, Boutiquen und viele inhabergeführte Fachgeschäfte. Eine Vielzahl an Cafés und Restaurants runden das enorme Spektrum ab: Nach Eigenwerbung der Stadt sind es rund 150.
Wer nach Mannheim kommt, der sollte auch KuMa besuchen. Das Abkürzel steht für Kunstsammlung Mannheim, die immer wieder aufsehenerregende Ausstellungen anbietet. Derzeit etwa die Sonderausstellung „Mindbombs“, die noch bis Ende April zu besichtigen ist. Mindbombs gibt einen Überblick über die künstlerische Perspektive auf die Geschichte und politische Ikonografie des modernen Terrorismus. Die Kunsthalle bietet auch ansonsten echte
Schmankerl an. Sie umfasst nämlich Werke von Max Beckmann, Francis Bacon oder Auguste Rodin. Allein diese sind für sich genommen schon einen Ausflug wert.
Mannemer Multi-Kulti
Mannem, wie die Bewohner im Dialekt die Stadt gerne aussprechen, hat eine wahre Multi-Kulti-Einwohnerschaft. Hier leben Menschen aus rund 170 verschiedenen Nationen. Dies macht sich auch in der Vielfalt der Gastronomie bemerkbar. Am deutlichsten wird es in „Little Istanbul“. Hier gibt es Brautmode, Goldschmuck, Baklava oder Pide im Überfluss. Wer sich in Little Istanbul mit etwas Leckerem versorgen möchte, der kehrt am besten in die Bäckerei Taksim ein (H3, 21). Hier werden typisch türkische Leckereien wie aus 1001 Nacht bis spät in den Abend hinein verkauft.
Will man einen klassischen Mannheimer mit Attributen beschreiben, fallen einem Eigenschaften wie pragmatisch und bodenständig ein. Allerdings sind sie auch schon immer sehr innovativ gewesen. In Mannheim wurde etwa die Draisine, das Laufrad erfunden. Die Firma Siemens konstruierte in Mannheim den ersten elektrischen Aufzug der Welt. Und nicht zu vergessen Carl Benz, der 1886 in seiner Werkstatt im Quadrat T6 das erste Automobil der Welt konstruierte. Allerdings stieß es bei seinen Zeitgenossen auf teilweise massive Ablehnung. Jedenfalls bis Bertha Benz, seine Frau, die Erfinderin des Bremsbelags, im Jahr 1888 vom Mannheimer Quadrat T6 aus, ohne Wissen ihres Mannes, die erste erfolgreiche Fernfahrt mit einem Automobil überhaupt unternahm. Wie erhofft, konnte sie mit diesem Publicity-trächtigen Husarenstück endlich die Vorbehalte des zahlungskräftigen Klientels zerstreuen und sicherte damit das Überleben des Unternehmens. Die Route ins 106 Kilometer entfernte Pforzheim, die die Pionierin des Automobils damals nahm, ist heute die gut ausgeschilderte Bertha Benz Memorial Route. Wer wie Bertha Benz mitten in Mannheim „wohnen“ möchte, dem fällt die Hotelauswahl nicht leicht. Viele Hotelketten haben mittlerweile hier Dependancen, wie etwa Best Western, Leonardo Hotels, Mercure, Holiday Inn, NH Hotels oder Dorint. Viele bieten auch behindertengerechte Zimmer an.