Zwischen „Kanzleramt“ und „Schloß Bellevue“

Ich möchte Sie heute zur ersten „Partymeile“ Berlins entführen. Auch wenn diese einst, außerhalb von Berlin war. Sie befand sich ungefähr zwischen dem heutigen „Bundeskanzleramt“ und dem „Schloß Bellevue“, an der „John-Foster-Dulles-Allee“, die einmal „In den Zelten“ hieß und „eene jute Jegend“ mit herrschaftlichen Häusern war, in denen viele Promis wohnten.

Nur noch ein Ort erinnert an den alten Namen. Schräg gegen über dem „Haus der Kulturen der Welt“ befindet sich der „Zeltplatz“. Wie der Name es verrät, standen hier vor gut 250 Jahren, an den Gestaden der Spree Zelte, wo man Erfrischungen bekam. Aus denen wurden im Laufe der Jahre, unter Missachtung der preußischen Vorschriften, feste Bauten. Die berühmten Berliner Gartenlokale „In den Zelten“. Wenn der Berliner damals am Wochenende oder auch abends unter der Woche „schwofen jehen“ wollte, dann ging er, berlinerisch grammatikalisch richtig, „In die Zelten“. Besonders Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts, waren das „Kronprinzenzelt“, das „Löwenzelt“ oder „Krolls“ der Treffpunkt des vergnügungssüchtigen Berliners. Hier trafen sich Jung und Alt, Reich und Arm kurz gesagt „Hinz und Kunz“.

Das „Zelt“ der Berliner Hautevolee war das prächtige „Kistenmachers Etablissement“, auch „Nähnadels Ruh“ genannt, weil dies einmal das Landhaus eines reichen Schneiders direkt an der Spree war. Und wenn sie genussvoller Raucher waren, dann wären sie damals in „Krolls Etablissement“ gegangen. Denn dort durften Sie beim Schein von 10.000 Gaslichtern rauchen, was in den anderen Lokalen und im Tiergarten bis 1848 verpönt war, wegen der Brandgefahr. Doch nach 1848 war das Rauchen zumindest im Tiergarten dann erlaubt – eine „Errungenschaft“ der „Märzrevolution“ von 1848, die „In den Zelten“ ihren Anfang nahm.

Sie merken schon, es gibt jede Menge Geschichten zur ersten „Partymeile“ von Berlin. Das ahnt man gar nicht, wenn man heute diese eher unspektakuläre Straße am Tiergarten entlang flaniert. Zu den Prominenten, die hier wohnten, gehörten die Theaterlegende Max Reinhardt, der Komponist Giacomo Meyerbeer, die Pianistin und Ehefrau von Robert Schumann Clara Schumann und die Schriftstellerin Bettina von Armin. Na und denken Sie mal nicht, dass es eine ruhige Gegend war. Ganz im Gegenteil. Denn Sie wissen ja „der Berliner liebt Musike“ und die gab es hier reichlich. In jeder Lokalität spielte eine Militärkapelle zur Unterhaltung der Gäste. 

Diese Kapellen spielten aber nicht abwechselnd auf, sondern alle zur gleichen Zeit. Es war ein richtiger „Musiksalat“ wie es einmal der Berlinkenner Kurt Pomplun beschrieb. Doch die Berliner mochten es so und strömten zu Tausenden in die riesigen Biergärten. Ich komme nun noch einmal auf den halbrunden „Zeltenplatz“ zurück, schräg gegenüber der „Schwangeren Auster“, wie die ehemalige „Kongresshalle“ auch von den Berliner liebevoll genannt wird. Seine heutige Form hat er 1987 bekommen und entspricht der ursprünglichen Anlage, so wie sie der Gartenarchitekt Peter Joseph Lenné einst angelegt hatte. Wie damals gehen nun wieder fünf „Alleen“ von ihm ab, in den Tiergarten hinein. Na ja eigentlich sind das ganz normale Wege, aber wir Berliner mögen es ja mit unserer charmanten berlinerischen Überheblichkeit etwas vornehmer und deshalb sind es eben Alleen. Mehr gibt es nicht von den ursprünglichen „Zelten“ zusehen. Das alles ist verschwunden, doch in Operetten oder Singspielen wie zum Beispiel in Eduard Künnekes „Die lockende Flamme“ leben die Erinnerungen an die sogenannten „Juten alten Zeit“ weiter. Ich finde, es braucht solche Erinnerungen an das vergangene Berlin, auch wenn damals auch nicht alles Gold war, was glänzte, denn so ist und so war Berlin halt.  Damals wie heute – eine Stadt, die lebt und in der gelebt wird.

Meine Empfehlung für einen Spaziergang

Starten Sie am „Hauptbahnhof“. Laufen Sie zu „Kanzleramt“, dann am „TIPI am Kanzleramt“ vorbei zur „John-Foster-Dulles-Allee“. Dort laufen Sie in Richtung „Schloß Bellevue“ am „Haus der Kulturen der Welt“ vorbei.

Biegen ab zum „Großen Stern“ mit der „Siegessäule“ und nun können Sie sich entscheiden, ob Sie weiter quer durch den Tiergarten flanieren oder zum „S-Bahnhof Tiergarten“ laufen um von dort aus wieder nach Hause fahren.

Die gesamte Strecke ist gut berollbar. Diesen Spaziergang können Sie zu jeder Jahreszeit machen.

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