Von Kinos, Nähmaschinen und vielen Namen

Wenn Sie einen Berliner fragen, wo sich der „Schmettau-Brunnen“ befindet, werden Sie meistens ein Schulterzucken bekommen.

Wenn Se aber fragen, wo der „Wasserklops“ ist, dann kommt die Antwort schnell: „Na dit´ ist doch dit Ding vor dem Europa-Center.“ Jenau, der „Wasserklops“ ist der „Schmettau-Brunnen“, wie er in der einschlägigen Fachliteratur heißt. Doch ganz offiziell heißt er „Weltkugelbrunnen“. Ja ja, es ist schon eine Crux in Berlin den richtigen Namen zu finden. Wir stehen vor dem „Europacenter“ und blicken auf den Breitscheidplatz. Er galt einst als das Herz des eleganten Berliner Westens und auch heute ist er es wieder nach einer baulichen Herzoperation.

Der Platz lebt, wenn auch zu Corona-Zeiten etwas weniger. Hier zeigen Skateboardfahrer ihre Kunststücke, dort sitzen Leute und beobachten das Treiben um sie herum. Und an anderer Stelle bieten Händler Berlin-Souvenirs an, daneben Maler ihre Bilder. Aber man sieht auf dem Platz auch Menschen, denen das Leben nicht so gewogen war. Sie sitzen dort mit einem Tetra Pak billigen Weins oder Bier in der Hand und versuchen zu überleben. Ihre Gedanken bei dem Anblick der Anderen, denen es besser geht, kann man nur erahnen.

Wenn sie vor dem Brunnen stehend nach rechts blicken, sehen sie das „Bikini-Haus“. Wie der „Wasserklops“, hat es auch mehrere Namen. Die Fachleute nennen es den „Hutmacherbau“ und für die ehemalige Berliner Modebranche war es das „DOB-Haus“, denn in den oberen Etagen des Hauses standen einst über 700 Nähmaschinen. Dort wurde Damenoberbekleidung produziert. Daher der Name „DOB-Haus“. Heute nennt sich das „Bikini-Haus“, neudeutsch „CONCEPT SHOPPING MALL“, in der es diverse Geschäfte der sehr gehobenen Preisklasse gibt und sogenannte „POP UP STORES“, also Läden die es nur eine begrenzte Zeit gibt.

Bis zum Luftangriff im November 1943 gab es am heutigen Standort des „Bikinihaus“ ein riesiges Kino – das „CAPITOL am Zoo“. Eines von vielen rund um den Platz. So das „Marmorhaus“, schräg gegenüber der Kirche, das heute ein Klamottenladen ist oder der „Gloria-Palast“, der zu einer Einkaufspassage umgebaut wurde. Doch Kino gucken kann man heute auch noch am Breitscheidplatz. Da gibt es den „Zoo-Palast“ und seit dessen Wiedereröffnung 2013 ist es dort wieder ein richtiges Erlebnis ins Kino zugehen. Besonders im großen Saal, wenn vor dem Film der Wasservorhang zu rauschen beginnt. Der Breitscheidplatz hat sich immer wieder verändert, besonders in den Jahren seit dem Mauerfall.

Einst war der ovale Platz von dem mächtigen Bau der „Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche“ beherrscht und vom Verkehr umtost. Autos hupten und jede Menge Straßenbahnen quietschten dort um die Kurven. Für Fußgänger war das Überqueren der Straße, ein kleines Abenteuer, wie es in einem zeitgenössischen ironischen Artikel der „Vossische Zeitung“ vom 1. Januar 1927 heißt. Heute ist die Kirche immer noch der Mittelpunkt des Breitscheidplatzes, doch die neuen Hochhäuser „Upper West“ und „Zoofenster“, welche den Platz gen Westen abschließen, sind neue unverwechselbare Landmarken in der City West. Nach der Zerstörung des Weltkrieges wurde das Areal um den Platz wieder ganz modern aufgebaut. Es wurde ein Autotunnel an der „Budapester Straße“ gebaut und vor dem „Europacenter“ gab es bis in die Siebziger Jahre hinein auch noch eine viel befahrene Straße.

Dann wurde der gesamte Breitscheidplatz für Fußgänger umgebaut. Und im 21. Jahrhundert verschwand dann auch der Autotunnel bei einer erneuten Auffrischung des etwas in die Jahre gekommen alten Westberliner Herzens.

Mein Tipp: Hinjehen und einfach mal kiecken, wat da so los iss.

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