Der Besselpark
Der „Besselpark“ befindet sich keine zwei Minuten Fußweg vom U-Bahnhof „Kochstraße“ entfernt. Es ist kein besonderer Park. Ein Park ohne Sehenswürdigkeiten. Nur einige moderne und für Berlin außergewöhnliche Neubauten, wie die TAZ-Kantine, gibt es hier.
Er ist mit Bäumen bepflanzt, unter deren schattigen Kronen Parkbänke stehen. Es gibt einen Springbrunnen und eine Skulptur mit dem seltsamen Namen „Geteilter Donut mit zwei Bällen“ von Fletcher Benton, deren Sinn sich mir beim Betrachten nicht erschließt und auch nicht in welchem Zusammenhang sie mit dem Areal steht. Aber man muss ja nicht alles verstehen, wenn es um „Kunst im öffentlichen Raum“ geht. Durchzogen ist der Park von mehren Wegen. Sie bestehen aus Betonplatten. Diese Platten sind einen zweiten Blick wert. In ihnen sind sowas wie Reliefs eingearbeitet. Das Gesicht eines Mannes, mathematische Gleichungen und ein Fernrohr.
Das Gesicht gehört dem Namensgeber des Platzes „Friedrich Wilhelm Bessel“, einem Wissenschaftler, der einst hier am Ort tätig war. Er starb in dem Jahr, in dem das Ereignis stattfand, um das es mir bei meinem Besuch geht.Denn hier im Park, genauer gesagt dort, wo heute die „Besselstraße“, die „Enckestraße“ und die „Charlottenstraße“ sich treffen, stand einst die 1835 fertiggestellte „Neue Berliner Sternwarte“. Entworfen hatte sie Karl Friedrich Schinkel. Sie hatte drei Pfeiler und aus der Mitte erhob sich das Observatorium in den Berliner Himmel. Im Nordpfeiler lag bis 1912 der NN – Normalnullpunkt für Deutschland. Das war damals das „festgelegte Nullniveau der amtlichen Bezugshöhe in Deutschland“. Heute befindet sich der „unterirdisch“ in „Müncheberg“, 40 Kilometer von Berlin entfernt.
Doch uns interessiert der 23. September 1846. Setzen wir uns auf eine Parkbank und machen eine Zeitreise 176 Jahre zurück. Am späten Abend dieses Tages geschah etwas, was heute als „Meilenstein in der Geschichte der Astronomie und Physik“ gilt. Damals lag die Sternwarte noch vor den Toren von Berlin. Die Luft war sauber und es gab keine Lichtverschmutzung. An diesem Abend öffneten zwei Männer, der Astronom Johann Gottfried Galle und sein Assistent der Student Heinrich Louis D´Arrest, die Kuppel der Sternwarte. D´Arrest saß an einem Tisch vor einer gerade ganz neu gedruckten Sternkarte und Galle vor dem damals modernsten Teleskop – dem „Fraunhofer-Refraktor“. Grund für ihre „Himmelsbesichtigung“ war ein Brief des französischen Mathematikers und Astronomen Urbain J.J. Le Verrier, der bei seinen Berechnungen Unregelmäßigkeiten in der Bahn des Planeten Uranus festgestellt hatte und das mit einer bis dahin unbekannten Masse erklärte. Damit war der junge Wissenschaftler bei seinen arrivierten Kollegen in Europa auf Ablehnung gestoßen. Nur Galle war begeistert und machte sich gleich ans Werk. Er vergleicht zusammen mit seinem Assistenten an diesem Abend Stern für Stern am wolkenlosen Berliner Firmament mit den Eintragungen in der Sternenkarte. Nach gut einer Stunde ruft d´Arrest ganz aufgeregt aus: „Dieser Stern ist nicht auf der Karte“.
Sie hatten den Planeten „Neptun“ entdeckt, der ziemlich genau dort war, wo er laut den Berechnungen Le Verrier´s sein sollte. An diesem Abend begann eine „Neue Epoche in den Naturwissenschaften“. Denn der „Neptun“, war der erste Planet, der „nur“ durch die „Zusammenarbeit“ von Mathematik und Physik, also durch Berechnungen, entdeckt wurde. Das ist heute noch so, nur moderner. Wieder einmal ist bewiesen, Berlin steckt voller überraschender Geschichten und Entdeckungen. Man muss sie nur finden. Wer hätte gedacht, dass hier am „Besselpark“ einst naturwissenschaftliche Weltgeschichte geschrieben wurde.
Eine Information zum Schluss: Die „Neue Berliner Sternwarte“ wurde 1911/12 abgerissen, weil die Lichtverschmutzung in Berlin sehr hoch geworden war und die Sternwarte ihre Bedeutung verloren hatte.
Besselpark
Friedrichstraße 24 ;10969 Berlin
U-Bahn: U6 – U-Bahnhof Kochstraße
Der Besselpark ist ein guter Ausgangspunkt für einen Spaziergang zum „Jüdischen Museum“ oder zur „Berlinische Galerie“. Direkt am Park gibt es verschiedene gastronomische Einrichtungen:
taz-KANTINE
Friedrichstraße 21,
10969 Berlin
Öffnungszeiten: Mo – Fr. 8 – 18:30 Uhr
Café Nullpunkt
Friedrichstraße 23B, 10969 Berlin
Öffnungszeiten: Mi. 12–16 Uhr; Do.- Fr. 12–20 Uhr; Sa. 10–20 Uhr; So. 10–17 Uhr
Der Berlin Flaneur im Internet:
Webseite: www.derberlinflaneur.de
Mail: info@derberlinflaneur.de
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