Von wegen schlapp
Wir stellen In der BBZ-Serie Angebote und Selbsthilfegruppen in Berlin vor. Wir möchten damit Informationen und Chancen von Selbsthilfegruppen verbreiten, außerdem zu Gruppengründungen animieren sowie Vorurteile abbauen. Diese Serie richtet sich an bereits Aktive und Interessierte der Selbsthilfe.
Daniela Stöhr ist 50 Jahre und seit ihrer Geburt schwerhörig. Sie erinnert sich: „Seit Beginn meiner Schulzeit wurde ich mit Hörgeräten versorgt, habe aber nie eine spezielle Einrichtung besucht.“ Über die Hörberatungsstelle für Kinder wurde Daniela Stöhr auf das Hörbiz (Hör- Beratungs- und Informationszentrum Berlin-Charlottenburg) aufmerksam, die schwerhörige Erwachsene unterstützen. Weiter erinnert sie sich:
„Nach fast 30 Jahren meines Lebens konnte ich mich zum ersten Mal mit anderen Betroffenen meiner Altersgruppe austauschen. Es entstand die Idee, eine Selbsthilfegruppe für Betroffene in meinem näheren Umkreis zu gründen.“
So wurde vor zwölf Jahren der Grundstein für die Schwerhörigengruppe in Berlin-Reinickendorf mit folgenden Schwerpunkten gelegt:
- gegenseitige Hilfestellung und Erfahrungsaustausch zur Akzeptanz der eigenen Hörbehinderung,
- Unterstützung mit Hörproblemen im täglichen Leben, wie innerhalb der Familie, Partnerschaft oder am Arbeitplatz,
- zum Umgang mit Behörden,
- Kommunikationshilfen, wie von den Lippen ablesen, Telefonieren,
- technische Unterstützung zum besseren Hören und Verstehen in Kino oder im Theater,
- Vermittlung und Zusammenarbeit mit Hörgeräteakustikern und -herstellern (Phonak, Humantecknik, Cochlear).
„Das erste Treffen übertraf alle Erwartungen, und obwohl in den Anfängen die Teilnehmerzahl als auch das Klientel häufig wechselte, wurde die Gruppe vom ersten Tag an gut angenommen“, berichtet Daniela Stöhr. Daher wurde sich schnell von den Mitgliedern auf ein monatliches Treffen an jedem vierten Mittwoch im Monat geeinigt.
Im Jahr 2018 gab sich die Selbsthilfegruppe den Namen „Schlappohren – Schwerhörigen Selbsthilfe-Treff“. Bei einer Tasse Kaffee und kleinen Leckereien entstanden immer wieder neue Gespräche zu Fernsehen mit Untertiteln, die Unterstützung mit Schriftdolmetschern, persönlichem Umgang und Problembewältigung der Schwerhörigkeit. Die ständig neuen Hörgeräte und sich erweiternde Zusatztechnik beschäftigen die
„Schlappohren“ immer auf ein Neues.
2019 begann die Gruppe sich um mehr Aufmerksamkeit zu kümmern. Durch Unterstützung des Vereins „Berliner helfen e.V.“, der Berliner Morgenpost sowie einem Spendenaufruf „Hilfe für die Schlappohren“ erlangten die „Schlappohren“ in Reinickendorf einen großen Bekanntheitsgrad. Die Werbung, die dadurch entstand, war für die regelmäßigen Treffen ein positiver Nebeneffekt.
Die Jahre 2020 und 2021 mit Corona stellte die „Schlappohren“ auf eine harte Probe, wie Daniela Stöhr erzählt. „Wir verloren unsere Räumlichkeiten. Auch machten das Abstandhalten, die Kontakteinschränkungen und die Maskenpflicht die Zusammenkünfte sehr schwierig. Dennoch konnten wir uns durch die Beantragung von Geldern aus dem Kiezfond 2020 des Bezirksamts Reinickendorf, den Wunsch nach einer eigenen Kommunikationsanlage für die bessere Verständigung, erfüllen.“
Im Sommer 2021 hatten die „Schlappohren“ ihr zehnjähriges Jubiläum. Die Freude war groß, dass dieses Ereignis mit allen Mitgliedern, komplett und geimpft, gebührend gefeiert werden konnte. Auch nach dem Jubiläum trifft sich die Selbsthilfegruppe weiterhin jeden vierten Mittwoch im Monat. Seit März 2022 ist die Gruppe in der Seniorenfreizeitstätte Alt-Tegel beheimatet. In den warmen Monaten unternimmt die Gruppe auch Ausflüge, wie eine Dampferfahrt oder einem Treffen im Garten eines Mitglieds. Wer Kontakt mit den „Schlappohren“ aufnehmen möchte, findet weitere Informationen über Sekis in der Selbsthilfe-Datenbank.