Berlin Flaneur: Das Berliner Kammergericht

Diesmal haben wir einen Gerichtstermin. Es geht zum Berliner Kammergericht. Es befindet sich am Kleistpark in Schöneberg. Seit 1913 ist das schlossartige Haus im historisierenden Neubarockstil mit einigen Unterbrechungen, der Sitz des höchsten Gerichtes in Berlin. 

Es ist das älteste durchgehend arbeitende Gericht in Deutschland. Die erste urkundliche Erwähnung des Gerichts war 1468. In dieser langen Zeit hat das Gericht das ein oder andere Urteil gefällt, mal wegweisend und auch mal total daneben. Wenn Sie wissen möchten, warum das Kammergericht Kammergericht heißt, dann kann ich Ihren Wissensdurst auch stillen. Der Name leitet sich davon ab, weil das Gericht in den Kammern des königlichen Schlosses, als Hofgericht, Recht sprach. Deshalb nennt man es Kammergericht. Eröffnet wurde das Gebäude am 18. September 1913 nach 4 Jahren Bauzeit. Das Gelände, auf dem sich der Bau und der angrenzende Kleistpark befindet, war einst der botanische Garten von Berlin. 

Ein paar Zahlen zum Haus

Die Fläche des Hauses beträgt rund 9000 Quadratmeter. Es hat sieben Innenhöfe, 38 Fensterachsen, ist 135 Meter lang und es gibt 540 Räume dort. Das Hauptportal mit der Schaufassade liegt zur Potsdamer Straße hin. Bekannt ist der Blick darauf, mit den sogenannten Königskolonnaden, die bis 1910 am Alexanderplatz standen, direkt neben dem Bahnhof. Sie wurden abgetragen und hier aufgestellt. Wenn man das Haus von der Elßholzstraße betritt, wird man von einer riesigen Mittelhalle mit einem imposanten Treppenaufgang empfangen, die von mächtigen Säulen getragen wird und von jedem Besucher Respekt abverlangt. Das ist auch so gewollt, denn Respekt sollte man ja vor diesem Gerichtsort haben, so jedenfalls die Meinung der wilhelminischen Erbauer.

Von hier aus kommt man überall hin. Aber in den vielen Fluren des Hauses kann man sich gut verlaufen, wenn man sich nicht auskennt. Sicherlich ist das auch so gewollt. Denn wenn hier mal ein Straftäter fliehen möchte, dann kommt er nicht so schnell raus. Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck bei meiner Führung durch das Kammergericht. Der wichtigste Raum im ganzen Haus ist der große Plenarsaal. Er ist verbunden mit einem der dunkelsten Kapitel der deutschen Rechts-Geschichte. In diesem wunderschönen Saal mit einem Deckengemälde, dass durch viel Nacktheit besticht und die Freiheit, Wahrheit und Gerechtigkeit als heroische Figuren darstellt, wurden diese ehrenden Grundsätze der Rechtsprechung, durch den Volksgerichtshof mit ihrem Präsidenten Roland Freisler von August 1944 bis Januar 1945 konterkariert. Denn hier fanden die Schauprozesse gegen die Widerstandskämpfer des 20. Juli statt. 

Aber noch ein wichtiger Prozess begann hier. Am 18. Oktober 1945 begann in diesem, vom Jugendstil geprägten, Saal der sogenannte „Nürnberger Prozess“ gegen die 24 Hauptverantwortlichen des „Dritten Reiches“. Hier wurde die Anklageschrift gegen Göring, Himmler und Co vorgelegt und verlesen, dass wissen heute die wenigsten und ist fast vergessen. Und am 3. September 1971 war dieser Plenarsaal auch der Ort, wo das „Viermächteabkommen über Berlin“ unterschrieben wurde. Dieses Abkommen war der erste große Schritt in der damaligen Entspannungspolitik im Ost-West-Konflikt.Über das Haus und dessen Räume kann man noch jede Menge erzählen. So z. B. vom prächtigen Balkon im Plenarsaal, der für den deutschen Kaiser gebaut wurde, damit seine Majestät den Gerichtsverhandlungen folgen konnte, wenn er wollte. Was er nie tat, da der Plenarsaal erst 1917 fertig gestellt wurde und Wilhelm Zwo knapp 1 Jahr später abdanken musste. Oder davon, das der jeweilige Preußenherrscher seine Richter bis zu einem Jahr einsperren konnte, wenn ihm ein Gerichtsurteil nicht gefiel.

Sie sehen die Geschichte dieses über 100 Jahren alten Hauses am Kleistpark und des Berliner Kammergerichtes ist reich an Legenden und Anekdoten. 

Informationen:
Kammergericht Berlin, Elßholzstr. 30 -31, 10781 Berlin, Telefon: (030) 9015 0
Das Haus kann im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Infos dazu auf dem Internetseiten des Gerichtes: www.berlin.de/gerichte/kammergericht 

Anfahrt:
S- Bahn: S1, Station: S+U Bahnhof Yorkstr. oder S.Bahnhof Julius-Leber-Brücke
U-Bahn: U1, U3, U2, U4, Station: U-Bahnhof Nollendorfplatz. U7, Station: U-Bahnhof Kleistplatz
Bus: 106, 187, 204, M48 , M85, N7,Station: U- Bahnhof Kleistpark

Behindertengerechter Zugang:
Zugang über die Elßholzstraße, Eingang 3 / Aufzug C bringt sie in alle Stockwerke Zwei behinderten gerechte Parkplätze stehen zur Verfügung. Behindertengerechte WC sind vorhanden

Der Berlin Flaneur im Internet:
Website: www.derberlinflaneur.de
Instagram: #derberlinflaneur
Kontakt: info@derberlinflaneur.de

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