Senatsverwaltung missachtet Tätigkeitsmerkmal der Persönlichen Assistenz

Im Jahre 2019 haben die beiden großen Berliner Assistenzdienste Haustarifverträge mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossen. Diese Haustarifverträge sind an den Tarifvertrag der Länder (TV L) angelehnt, mit dem die Bundesländer ihre Beschäftigten entlohnen.

Im Rahmen der Tarifverhandlungen wurde ein so genanntes Tätigkeitsmerkmal Persönliche Assistenz1 entwickelt, das die Grundlage für die Bezahlung der bei den Assistenzdiensten angestellten Assistent*innen nach Entgeltgruppe (EG) 5 ist.  Die behinderten Arbeitgeber*innen – also die Menschen mit Assistenzbedarf, die ihre Assistent*innen direkt bei sich angestellt haben, waren nun benachteiligt, weil sie ihre Assistent*innen weiterhin nur nach der schlechteren EG 3 bezahlen konnten. Sie hatten Schwierigkeiten, ihre Assistent*innen zu halten bzw. neue Arbeitskräfte zu finden. 

Deshalb haben sie sich in einem Arbeitgeber*innen-Verband zusammengeschlossen. Ziel war es, ebenfalls einen Tarifvertrag mit ver.di auszuhandeln, damit deren Assistent*innen auch nach EG 5 bezahlt werden. In diesem mittlerweile ausverhandeltem Tarifvertrag wurde das Tätigkeitsmerkmal Persönliche Assistenz übernommen. 

Nach langen Kämpfen konnten die behinderten Arbeitgeber*innen erreichen, dass die  Senatsverwaltung für Soziales Fachliche Weisungen an das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) als Leistungsträger für Persönliche Assistenz im Land Berlin erlassen hat. Mit diesen Fachliche Weisungen wird das LAGeSo angewiesen, den behinderten Arbeitgeber*innen ein ausreichend hohes Finanzbudget zu bewilligen, damit sie ihre Assistent*innen gemäß dem Tarifvertrag entlohnen können.

Die erste Fachliche Weisung galt für die vergangene Haushaltsperiode bis 31.12.2023, die zweite gilt für die laufende Haushaltsperiode bis 31.12.2025. In der aktuell gültigen Fachlichen Weisung empfiehlt die Senatsverwaltung den behinderten Arbeitgeber*innen, Arbeitsverträge mit einer Entlohnung nach EG 3 abzuschließen und einen befristeten Zuschlag zu zahlen, um das Lohnniveau von EG 5 zu erreichen. 

Diese Empfehlung ist ein Skandal: Das Tätigkeitsmerkmal Persönliche Assistenz als Grundlage für die Entlohnung nach EG 5 gleicht einer feststehenden Definition. Die Höhe der Entlohnung von Assistent*innen kann folglich nicht in Abhängigkeit von der Haushaltslage des Landes Berlin abgesenkt werden –  weder bei den Assistenzdiensten noch bei den behinderten Arbeitgeber*innen!

Auf dem Hintergrund mehrerer Gerichtsurteile, dass Tarifverträge stets als wirtschaftlich gelten und refinanziert werden müssen, muss sichergestellt werden, dass auch in den kommenden Haushaltsperioden ausreichend Finanzmittel in den Haushaltsplan eingestellt werden, damit der Tarifvertrag der behinderten Arbeitgeber*innen mit ver.di refinanziert werden kann – und das (genau wie bei den Assistenzdiensten) ohne dass jedes Mal darüber verhandelt werden muss.

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