Arbeitsmarkt: Inklusion legt Rückwärtsgang ein

Die Zahlen, die uns die Bundesagentur für Arbeit dieser Tage vorlegte, sind niederschmetternd. Im Mai 2024 waren in Deutschland 173.224 Menschen mit Behinderung arbeitslos gemeldet. Das bedeutet, aktuell sind 10.000 Menschen mit Behinderung mehr arbeitslos, als noch im Mai 2023.  Noch gravierender ist ein Vergleich mit dem Jahr 2019, dem letzten Jahr vor Corona. Damals waren lediglich 155.000 behinderte Menschen arbeitslos gemeldet, also rund 18.000 weniger als heute. Dabei ist der Arbeitsmarkt trotz kriselnder Wirtschaft recht robust. 

Die Arbeitslosenquote insgesamt ist im Vergleich zum Vormonat auf 5,8 (-0,2 Prozent) gesunken. Schaut man sich die Zahlen etwas detaillierter an, fällt vor allem auf, dass weniger Menschen mit Behinderung in besonderen Maßnahmen zur Teilhabe beschäftigt sind. Im Februar 2024 waren es 366 Personen, während es im Mai 2024 nur noch 142 Personen waren. 

Doch allein dieser Rückgang erklärt die stark gestiegene Zahl an arbeitslosen Menschen mit Behinderung nicht. Ja, es mag seitens der Bundesagentur für Arbeit geänderte Förderungen geben, doch dies ist nur ein kleines Steinchen im gesamten Mosaik. 

Wandel in der Gesellschaft 

Die Zahlen zeigen vor allem, dass es in der deutschen Wirtschaft immer noch viel zu große Bedenken gegenüber behinderten Mitarbeitern gibt. Einerseits herrscht ein großer Bedarf an Arbeitskräften, andererseits steigen die Arbeitslosenzahlen nur bei den Menschen mit Behinderung. 

Alleine die letzten drei Sozialminister, Ursula von der Leyen (CDU), Andrea Nahles und nun Hubertus Heil (beide SPD), haben jeweils ganz unterschiedliche Programme aufgesetzt, damit mehr Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt in Lohn und Brot kommen.

Meiner Meinung wird es Zeit, sich ehrlich zu machen. Der seit Jahren verfolgte Mix aus gesetzlichen Verpflichtungen (Arbeitgeber können sich mit Zahlungen allzu leicht „freikaufen“) und punktuellen Sonderprogrammen funktioniert ganz offensichtlich nicht.

Dazu kommen die bürokratischen Hürden, die Arbeitgeber eher abschrecken als tatsächlich zu unterstützen. Nach einer gründlichen Bestandsaufnahme muss ein Konzept erstellt werden, das nicht davor zurückschreckt, die Wirtschaft tatsächlich in die Pflicht zu nehmen. Denn auf freiwilliger Basis wird sich nichts ändern. Gleichzeitig müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, das Arbeitgebern, insbesondere kleineren Betrieben keine zusätzlichen Verwaltungsaufgaben aufgebürdet werden, wenn sie Menschen mit Behinderung einstellen.

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