Gehörloses Ehepaar gründet Stiftung zum Wohle gehörloser Menschen
Das gehörlose Ehepaar Armin und Irene Hasselbach aus Koblenz hat 2023 eine Stiftung gegründet. Über die Hintergründe und ihre Ziele hat Judit Nothdurft: mit Armin Hasselbach unterhalten.
Judit Nothdurft: Herr Hasselbach, woher kam die Idee eine Stiftung zu gründen?
Schon als Kind habe ich von meinem Vater von der Gründung der Krupp Stiftung erfahren und dies hat mich beschäftigt. Ein weiteres Vorbild war die gehörlose Lisa Kauppinen aus Finnland. Der Weltverband der Gehörlosen richtete 2015 ihr zu Ehren einen Fonds mit ihrem Namen ein, zur finanziellen Unterstützung von Aktivitäten gehörloser Mädchen und Frauen.
Judit Nothdurft: Es gibt verschiedene Arten von Stiftungen. Wo haben Sie sich dazu beraten lassen?
Wir haben uns von einer Beraterin der Sparkasse Koblenz beraten lassen. Sie hat uns einige Empfehlungen gegeben und so haben wir uns schließlich für eine Stiftungsgemeinschaft entschieden.
Judit Nothdurft: Warum haben Sie diese Form gewählt?
Eine Stiftungsgemeinschaft kann man ab 10.000 Euro gründen und man braucht keinen Aufsichtsrat, der die Arbeit der Stiftung überwacht.
Für die Gründung einer Privatstiftung muss man 25.000 Euro oder mehr anlegen und braucht einen Aufsichtsrat. Für Millionäre oder Firmen kann es passend sein, aber für Privatpersonen ist eine Stiftungsgemeinschaft besser geeinigt.
Judit Nothdurft: Wie war der Ablauf der Gründung und wie lange hat es von der Idee bis zur Gründung gedauert?
Fast 5 Jahre hat es gedauert von der Idee bis zur Gründung. Wir haben vorher sehr viel überlegt und recherchiert, um alle Infos für eine Stiftung zu bekommen. Man muss richtig viele Auskünfte einholen, kann dazu aber auch im Internet stöbern.
In der letzten Phase der Gründung haben wir mit dem Stiftungsträger, der Sparkasse Koblenz, und dem Notar gemeinsam gearbeitet.
Judit Nothdurft: Rund um die Gründung sind viele bürokratische Sachen mit anspruchsvoller Kommunikation zu erledigen. Beim Notar muss man auch den Vertragstext in Rechtssprache verstehen. Wie haben Sie das alles geschafft?
Wir hatten manchmal bei den Vorbereitungen eine Gebärdensprachdolmetscherin dabei. Leider mussten wir die Kosten für die Gebärdensprachdolmetscher aus der eigenen Tasche bezahlen. Wir konnten hier aber Pauschalkosten aushandeln.
Mit unserer Stiftung tun wir etwas nachhaltig Gutes. Schade, dass unser Engagement nicht anerkannt wird und die Gebärdensprachdolmetscherkosten in solchen Fällen nicht von einem Träger übernommen werden.
Judit Nothdurft: Als Stifter mussten Sie das Stiftungsvermögen festlegen, welches die finanzielle Grundlage der Stiftungsarbeit bildet. Was passiert jetzt mit diesem Geld?
Ja, wir mussten eine bestimmte Summe festlegen und diese wird ein Jahr stillgelegt, danach bekommen wir von Jahr zu Jahr Zinsen. Wir können dann entscheiden, ob wir die Zinsen ausgezahlt bekommen möchten, oder sie der Stiftungssumme zugeführt werden sollen.
Man muss beachten, dass eine Stiftung zu gründen auch Geld kostet. So mussten wir aus dem festgelegten Stiftungsvermögen auch verschiedene Bearbeitungsgebühren, wie Anmeldung zum Stiftungsverband und Honorar für die Beratung usw. bezahlen.
Ebenfalls ist wichtig zu wissen, dass bei finanziellen Engpässen die Stiftung nicht einfach aufgelöst werden kann oder das Stiftungsvermögen zurückbekommt.
Judit Nothdurft: Was ist das Ziel Ihrer Stiftung?
Unser Ziel ist hauptsächlich gehörlose Kinder und Frauen in den Entwicklungsländern zu unterstützen. So gehen 60% an World Federation of the DEAF. Von dort werden gehörlose Frauen und die gehörlosen Kinder für eine bessere Ausbildung und Bildung im ‚Globalen Süden‘ (Entwicklungsländer) unterstützt.
20% gehen an den Kulturraum Ehrenbreitstein e.V. (ich bin dort auch Mitglied) und 20% an den Denkmalschutz in Ehrenbreitstein und Menschen mit Behinderung im Raum Koblenz. Wenn wir möchten, kann diese Aufteilung geändert werden.
Judit Nothdurft: Wenn jemand von Ihrer Stiftung Unterstützung bekommen möchte, was muss er tun?
Wer Unterstützung bekommen möchte, sollte die Sparkasse in Koblenz per Mail (jens.hannemann@sparkasse-koblenz.de) kontaktieren. Der Stiftungsverwalter muss uns immer informieren, ob wir mit einer Antragstellung einverstanden sind oder nicht. So wären wir z.B. mit der Unterstützung einer Gehörlosenschule, die die Gebärdensprache ablehnt, nicht einverstanden.
Wer genau durch die Stiftung unterstützt werden kann, mussten wir mit dem Notar schon im Vorfeld detailliert ausarbeiten. Wenn wir versterben, entscheidet die Stiftung, wie sie mit anderen gehörlosen Personen zusammenarbeitet.
Judit Nothdurft: Können auch andere Personen Ihre Stiftung unterstützen und Geld spenden?
In Moment nicht. Unsere Stiftung wird von unserem Vermögen finanziert. Aber die Idee ist gut! Wir müssen nochmal den Berater der Stiftung fragen, ob es möglich ist. Aber es ist noch zu früh.
Judit Nothdurft: Vielen Dank für das Interview!
Über die Autorin: Judit Nothdurft betreibt seit 15 Jahren unter www.deafservice.de ehrenamtlich ein sehr informatives Portal für Hörbehinderte und Gehörlose.