Was für die neue Koalition wichtig ist
„Verantwortung für Deutschland“ lautet das Motto des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode. Was wir erwarten dürfen im Überblick.
Aus Sicht der Behindertenbewegung hat die Seite 21 des Koalitionsvertrags die wichtigsten Passagen. Sie ist mit dem Schlagwort „Inklusion“ überschrieben und die Seite ist ein Rundumschlag an Wünschen. Die neue Regierung will unter anderem Barrierefreiheit im privaten und Öffentlichen Bereich angehen, sie möchte das Behindertengleichstellungsgesetz fortentwickeln und bestehende Gesetze auf Hürden hin überprüfen. Zudem möchte man ein Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und Gebärdensprache etablieren und eine Zertifizierung von Assistenszhunden angehen.
Damit nicht genug, denn die neue Regierung will das Werkstattentgelt verbessern und dafür sorgen, dass mehr Menschen aus einer Werkstatt auf den Arbeitsmarkt wechseln können. Selbst Wohnheime für Werkstattbeschäftigte sollen gefördert werden. Sie klärt aber auch deutlich über ihren Standpunkt hinsichtlich der Werkstätten auf, denn diese möchte sie „erhalten und reformieren“.
Das große „Inklusions-Wunschkonzert“ der neuen Regierung ist damit allerdings noch nicht beendet. Sie möchte den Gewaltschutz in der Behindertenhilfe verbessern bzw. das Bundesteilhabegesetz evaluieren und fortentwickeln. Weiterentwickeln möchte sie auch die Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatungsstellen und deren Finanzierung sicherstellen. Allerdings bleibt sie die Antwort schuldig, wie dies finanziert werden soll.
Hohe Erwartungen geweckt
Bei den meisten Versprechen zum Thema Inklusion bleibt offen, wann etwas umgesetzt werden soll. Zudem und dies ist weitaus wichtiger, wie etwas bezahlt werden soll. Lediglich die Finanzierung der Wohnheime für Werkstattbeschäftigte ist geklärt. Denn dies soll aus der Ausgleichsabgabe finanziert werden.
Wer nunmehr glaubt, dass die neue Regierung viele Probleme angehen und lösen wird, der sollte seine Erwartungen runterschrauben. Bereits andere Koalitionsverträge von Vorgänger-Regierungen blieben dem Wähler dann schlussendlich viele Punkte schuldig, weil sie dennoch nicht umgesetzt wurden. Bestes Beispiel ist die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (eine Art der Umsatzsteuer auf an Börsen gehandelte Produkte, wie etwa Aktien oder Fonds, Anmerkung der Redaktion). Deren Einführung forderten bereits mehrere Koalitionsverträge doch noch immer hat Deutschland keine derartige Steuer, dabei liessen sich dadurch viele Sozialleistungen finanzieren und die Gesellschaft dadurch gerechter gestalten.
Man darf also zumindest gespannt sein, welche Wünsche tatsächlich in den kommenden vier Jahren umgesetzt werden. Würde das Werkstattentgelt angehoben, Leichte Sprache etabliert und der private Bereich zu Barrierefreiheit gezwungen werden, wäre der Behindertenbewegung schon viel geholfen.