Alles über Ausbildung, Beruf und Arbeit

Arbeit ist ein elementarer Teil unseres Lebens. Dies gilt nicht nur für Menschen ohne Behinderung. Ein Baustein, Menschen mit Behinderung ins Arbeitsleben zu integrieren, sind die Werkstätten.

Ein wichtiger Anlaufpunkt, für all jene, die sich informieren möchten, ist die Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V. (Kurzform LAG WfbM). In ihr sind 17 Werkstätten in Berlin organisiert. Bettina Neuhaus, Geschäftsführerin der LAG WfbM Berlin e.V.: „Die 17 Werkstätten stehen für inklusive Arbeit, ihre Standorte sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt und im Sozialraum verankert. Menschen mit und ohne Beeinträchtigung engagieren sich gemeinsam, ebnen miteinander Wege für eine inklusive Gesellschaft“.

Wir haben führende Berliner Werkstätten um einen Beitrag für die Berliner Behindertenzeitung gebeten. Sie sollten in ihren Beiträgen vermitteln, was Ihnen wichtig ist. Drei Beiträge drucken wir hier gerne ab. Wir bedanken uns bei Stefanie Jacobs, Julia Meumann, Ursula Laumann und Svenja Hartmann für die Zuarbeit.

Stephanus-Werkstätten – Ich entscheide selbst, wann es soweit ist

Stefanie Großkopf arbeitet seit sechs Jahren in einem Berliner Kinderladen – in Form eines ausgelagerten Arbeitsplatzes der Stephanus-Werkstätten. Ihre Geschichte – eine Glanzleistung. Und trotzdem bedeutet Selbstbestimmung auch, selbst zu entscheiden, wann der nächste Schritt kommt und wie dieser aussehen soll. 

Schon immer wusste Stefanie Großkopf, dass sie beruflich mit Kindern arbeiten möchte und hat sich diesen Wunsch erfüllt. Dabei sind die Aufgaben so vielfältig, wie die Kinder selbst: Mahlzeiten müssen vorbereitet werden und der ein oder andere Knirps braucht Unterstützung dabei, dass der Löffel samt Inhalt tatsächlich im Kindermund landet. Reißverschlüsse zuziehen und aufpassen, dass der linke Schuh auch am linken Fuß sitzt. Es ist ein „Geben und Nehmen“ stellt die junge Frau Mitte 30 fest, wenn sie dank der fragenden Kinder nach dem Vorlesen von Büchern die eigene Lesekompetenz verbessern konnte. 

Mit ihrer Arbeit überzeugte sie das gesamte Team des Kinderladens so sehr, dass diese sich die Übernahme in ein Anstellungsverhältnis vorstellen können. Doch Stefanie Großkopf fühlt sich noch nicht bereit – die Arbeit mit Kindern fordert viel von ihr und der Rückhalt der Werkstatt gibt ihr Sicherheit. 

Sei es, um über eigene Probleme im Job oder Entwicklungsmöglichkeiten zu sprechen. Entwicklung, das ist ein zentrales Thema für die selbstbewusste Berlinerin. Sie möchte noch mehr über die Tätigkeiten und Anforderungen in Kindertagesstätten lernen, sich Türen offen halten. Nun lässt sie sich zunächst ein Arbeitszeugnis ausstellen. Wann sie das vielleicht in eine Bewerbung für ein reguläres Anstellungsverhältnis beilegt, das will sie selbst entscheiden. 

Berufliche Bildung bei der USE – Der Kick für mehr Selbstbewusstsein

Eine Aufgabe von Werkstätten für behinderte Menschen ist es, auf eine berufliche Tätigkeit innerhalb oder außerhalb der Werkstatt vorzubereiten. Die berufliche Bildung orientiert sich dabei an klassischen Modellen des Bildungssystems und an anerkannten Ausbildungsberufen. So auch bei der USE gGmbH. Im Rahmen der beruflichen Bildung setzt das Sozialunternehmen aber noch einen oben drauf: Sie bietet ihren Beschäftigten Qualifizierungsbausteine an, die von der IHK zertifiziert sind.

Christian Otrombowsky und Artur Boyko sind zwei von zwölf Beschäftigten, die im Sommer 2022 das Zertifikat für den Qualifizierungsbaustein „Grundlagen im gastronomischen Bereich“ entgegen nahmen. Davor lernten sie ein Jahr lang eine Menge zu Themen wie Umgang mit Gästen, Beratung, Verkauf und Service. Aber auch Stressbewältigung und soziale Kompetenzen standen mit auf dem Programm. 

Christian Otrombowsky schätzte besonders die Stressbewältigung: „Ich kann jetzt zwischen positiven und negativen Stress unterscheiden. Ich denke oft negativ. Jetzt weiß ich, was ich dagegen tun kann.“ Und Artur Boyko wurde selbstständiger und selbstbewusster: „Vielleicht bewerbe ich mich nochmal auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.“ Nach ersten negativen Erfahrungen sei dies ein großer Schritt für ihn. 

Den positiven Eindruck teilt auch der Projektmitarbeiter Steffen Schierz: „Die Teilnehmenden sind viel offener geworden und trauen sich mehr zu.“ Für das über den Europäischen Sozialfond finanzierte Projekt wurden die zwölf Beschäftigten der USE in Theorie und Praxis geschult. Dabei wird jede einzelne Leistung dokumentiert, so dass eine stressintensive Abschlussprüfung entfällt. 

Das Zertifikat bietet sowohl den Beschäftigten als auch einem möglichen Arbeitgeber eine Orientierung über die erlangten Fähigkeiten. Für die meisten ist es zu allererst eine hohe Wertschätzung ihrer Arbeit. 

Kaspar Hauser Stiftung – Was ist ein Bokashi? 

Bokashi ist ein japanisches Wort. Es bedeutet „fermentiertes Allerlei“. Fermentation ist ein Vorgang, bei dem Mikro-Organismen organische Stoffe verändern. Mikro-Organismen sind besondere Bakterien, Pilze oder Enzyme. Bei der Fermentation entsteht zum Beispiel aus Milch der Käse, aus Trauben der Wein oder aus Weißkohl das Sauerkraut. Beim Bokashi sieht das dann so aus: Man sammelt pflanzliche, rohe Küchenabfälle in einem speziellen Eimer mit einem Ablauf-Hahn. Mit Hilfe von den Mikro-Organismen werden die Küchenabfälle teilweise zersetzt und es entsteht ein wertvoller Flüssig-Dünger, den man abzapfen und mit Wasser verdünnen und zum Gießen verwenden kann. Dieser Vorgang dauert nur wenige Wochen und riecht nicht so unangenehm wie ein gewöhnlicher Komposthaufen. Das kann man auf jeden Fall im Internet nachlesen. Die Berufs-Bildungs-Gruppe aus der Kaspar Hauser Stiftung hat dazu allerdings eine ganz andere Meinung. Sie finden, dass es viel schlimmer riecht!

Als diesen Monat der Umzug in neue Räume anstand, musste nicht nur der Bokashi mit! Natürlich haben auch alle Pflanzen einen neuen Platz bekommen. Dieser nachhaltige Geruch des Bokashi war so eindrucksvoll, dass er die Gruppe zu diesem Gedicht inspirierte: Die dunkelgrüne Kist‘, riecht ordentlich nach Mist. Nie wieder Gemüse kaufen, denn uns‘res hat Bokashi zu saufen. Wird die Kiste aufgemacht, heißt es für alle: gute Nacht! Dann wabern Wolken durch den Raum, ein Gestank – man glaubt es kaum. Alle fliehen an die Luft, im BBB riecht es nach Gruft! Doch dem Gemüse tut es gut, es gedeiht prächtig in dem Sud.

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