Auf den Spuren von Andreas Pröve

Ob Indien oder China, Andreas Pröve bereist diese exotischen Länder per Handbike. Mit ihm sprach Dominik Peter.

BBZ: Als was können wir Dich bezeichnen? Reisejournalist, Globetrotter oder Weltenentdecker? 

Andreas Pröve: Das ist eine Frage, über die ich bereits vor 40 Jahren gegrübelt habe, als ich mich als Freiberufler selbstständig machen wollte und dem Finanzamt erklären musste, was ich denn nun mache. „Der Begriff Globetrotter sei kein Beruf“, meinten sie. Fotograf währe eine Option, aber die Bezeichnung ist geschützt. Reisejournalist erschien mir zu anmaßend, wenngleich dies am zutreffendsten gewesen wäre. Tatsächlich wurde ich von der Hilfsorganisation terre des hommes Jahre später zu mehreren Recherchereisen nach Indien und Thailand geschickt. 

Richtig gelernt habe ich das Tischlerhandwerk und ich bin auch ausgebildeter technischer Zeichner im Maschinenbau. Letztendlich aber habe ich mich als Buchautor eintragen lassen, obwohl zu dem Zeitpunkt noch gar kein Buch erschienen war. Da war eher der Wunsch Vater des Gedankens. Es sollten noch über 10 Jahre ins Land gehen, bis mein erstes Buch erschien.

BBZ: Welches Land hat Dich am meisten fasziniert? 

Andreas Pröve: Allein die Tatsache, dass ich 14 Mal durch Indien gereist bin, beantwortet diese Frage. Wobei ich bei dem Begriff „Faszination“ vorsichtig bin. Indien kann auch abschrecken, zu Nervenzusammenbrüchen führen, gemein und diskriminierend sein. Mancherorts bekommt man einen dystopischen Vorgeschmack von dem, was uns ereilt, wenn wir mit unserer Umwelt so weiter machen(Anmk. der Redaktion: Dystopie kommt aus dem Griechischen. Dys heißt schlecht, Tópos ist der Ort, die Stelle). 

Eine Reise im Rolli durch Indien ist eine Herausforderung der besonderen Art, die, wenn man sie überlebt hat, den Rest der Welt zu einem Kinderspiel macht. Gleichzeitig kann Indien wunderschön sein. Es bietet alles – vom ewigen Eis im Himalaya über Wüsten bis zu den Tropen im Süden. 

BBZ: Du hältst ja Vorträge und veröffentlichst Bücher über Deine Reisen. Kann man davon leben? 

Andreas Pröve: Ja, man kann. Schließlich ist das mein Beruf seit 40 Jahren. Das klingt wie ein Traumberuf. So sehe ich es auch. Aber das bedeutet, ich muss Geschichten, Bilder und Videos mitbringen – immer – professionell und fundiert. Die meisten Leute fürchten sich davor, dass im Urlaub etwas passiert. Für mich wäre es eine Katastrophe, würde auf meinen Reisen nichts passieren. Dann hätte ich nichts, wovon ich berichten kann. Das Rezept dafür ist simpel. Ich buche und plane nichts, fahre einfach anhand eines lockeren roten Fadens drauflos. Nie weiß ich, wo ich übernachten werde. Dies ist die Garantie für maximalen Kontakt zur Bevölkerung, spannende Geschichten und einen intensiven Blick in das Leben und die Kultur der Menschen. Davon erzähle ich in meinen Vorträgen und Büchern.

BBZ: Was war Dein schönstes Reiseerlebnis? 

Andreas Pröve: Dazu gehört sicher die riesige Hilfsbereitschaft, die mir überall zuteil wurde und die zusammen genommen an vorderster Stelle steht. Natürlich gibt es auch die konkreten Momente, von denen ich noch zehren werde, wenn das Alter solche Abenteuer unmöglich macht. Da ist die Quelle des Ganges im Himalaya zu nennen, die ich mithilfe von sechs Sherpas erreicht hatte. Ebenso tief beeindruckt war ich vom tibetischen Hochland und der Quelle des Mekong. Ein bunt zusammen gewürfeltes Expeditionsteam hat mir in eisigen Höhen geholfen, meinen Traum wahr werden zu lassen. Die längste Flussreise unternahm ich 2018. Von Shanghai nach Tibet, dem Jangtse folgend zu seiner Quelle in über 5000 Metern Höhe.

BBZ: Gab es auch missliche Situationen, wo du es verflucht hast, unterwegs in einem fremden Land zu sein? 

Andreas Pröve: Jede Menge… Da war die Festnahme in Iran, weil ich versehentlich das nukleare Forschungszentrum von Natanz fotografiert hatte, das geheimste, was die Mullahs zu verstecken haben. Mit meinem umfangreichen Foto – und Videoequipment war ich in ihren Augen ein israelischer Spion. 

Oder die Nacht, die ich bei Minustemperaturen im tibetischen Hochland im Schnee verbringen musste – nur mit einer Plastikplane über dem Kopf. Da trieben sich Wölfe herum! Soll ich von Indien und den Durchfällen erzählen? Ohne Dusche auf einer endlosen Landstraße – der wahre Horror, den ich am liebsten aus meinen Erinnerungen streichen würde.

BBZ: Welches Projekt steht demnächst an?

Andreas Pröve: Zurzeit stürze ich mich auf Südosteuropa. Letztes Jahr bin ich mit dem Handbike vor unserer Haustür gestartet und Wochen später in Istanbul eingetroffen. Zurück ging es über Griechenland, Italien und den Brenner und längs durch Deutschland. Im Mai dieses Jahres folge ich der kroatischen Adriaküste Richtung Süden bis Athen. Vielleicht entsteht ein neues Buch und eine Multivision daraus.

BBZ: Ich wünsche Dir noch viele eindrucksvolle Reise-Abenteuer. Besten Dank für das Interview

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